CO 2 -Zertifikate tragen zu Strompreiserhöhungen bei. | Angebliche Kosten wurden auf Kunden überwälzt. | Leipzig. Die großen europäischen Stromkonzerne und deren Aktionäre haben von den gratis zugeteilten Verschmutzungsrechten massiv profitiert. Denn die hohen CO2-Preise haben auch die Gewinne und Kurse der Versorger in die Höhe getrieben. Die Zeche müssen die Stromkunden bezahlen, die Staaten gingen leer aus. Das bestätigt Stephan Illerhaus, Leiter der Marktanalyse beim norwegischen Stromproduzenten Statkraft.
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Subvention mit Folge für Stromkunden
Österreichs Energie-Regulator Walter Boltz spricht davon, dass sich die E-Wirtschaft durch die Subvention ein Körberlgeld in Milliardenhöhe herausschlagen konnte, das sie ihren Kunden weiter verrechnet. Allein in Deutschland konnten sich die Stromriesen und Industrie damit 50 Mrd. Euro sichern, rechnet Tobias Federico, Chef des Energieberaters Brainpool Energy, vor.
Boltz nennt die Versäumnisse: "Man hat vergessen, dafür zu sorgen, dass Gratiszertifikate auch kostenlos weitergegeben werden müssen. Warum sollten die Unternehmen das freiwillig tun?"
Denn die stetig steigenden Preise für die Emissionszertifikate werden sofort in die Großhandelspreise für Elektrizität einberechnet. Boltz fordert deshalb, dass bei der zweiten Zuteilung, die Ende Februar nächsten Jahres erfolgen soll, der Großteil bei einer Auktion an den Meistbietenden versteigert werden soll. Mit den Erlösen könnten Klimaschutzprojekte finanziert werden. Außerdem hätten auch neue Stromerzeuger eine Chance an die Zertifikate zu kommen. Als Vergleich verweist er auf die Versteigerung der UMTS-Lizenzen, denn davon habe zumindest das Budget profitiert.
Die Tonne Kohlendioxid kostet mittlerweile 20 Euro, begonnen wurde der Emissionshandel Anfang des Jahres mit 5 Euro je Tonne. Mit jeder Verteuerung des Kohlendioxids schnellt auch der Strompreis in die Höhe. E-Control-Experte Johannes Mayer hat errechnet, dass jeden Haushalt die Überwälzung etwa 30 Euro jährlich kostet.
Illerhaus spricht von einem europaweitem Problem, das in Großbritannien am auffälligsten zutage getreten ist: Dort stiegen seit Jahresbeginn die Strompreise um 76 Prozent, in Deutschland und Österreich gab es einen Preissprung von 40 Prozent. Der Statkraft-Experte verweist darauf, dass die Verteuerung eine steuernde Funktion habe. Damit werde der Einsatz fossiler Energie - bei deren Verbrennung fällt viel CO 2 an - zur Stromerzeugung immer unrentabler. Doch Illerhaus hält auch eine Renaissance der Kernkraft für wahrscheinlich. Er verweist auf jüngste Diskussionen in Großbritannien, wo gerade eine Stärkung der Atomenergie erwogen wird. Untersuchungen, ob es auch der Industrie gelungen ist, die angebliche Kostenposition Kohlendioxid auf ihre Kunden überzuwälzen, gibt es bisher noch nicht.
Bedenklich sind in diesem Zusammenhang auch die ersten Ergebnisse der Klimastrategie. In einer Studie belegt das Umweltbundesamt, dass der Beitrag des Emissionshandels zum Klimaschutz so gut wie nicht gegeben ist. Bestenfalls ist ein Zehntel der angestrebten Emissionsreduktionen erreicht worden. Am Wirksamsten habe sich der Bau von Gaskraftwerken mit angeschlossener Versorgung für Fernwärme erwiesen, die eine CO 2 -Reduktion von rund 330.000 Tonnen erbracht habe. Im Dezember soll eine neue Klimastrategie vorliegen.