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Was ist eigentlich mit der Erregung um die NS-Vergangenheit des österreichischen Parade-Orchesters, der Wiener Philharmoniker, geschehen? Wurde da viel Erstaunen gemacht, welche Nazi das waren. In den Medien gellte es tinnituserregend. Und jetzt? - Jetzt steht’s halt im Internet, und niemand spricht mehr darüber und niemand recherchiert nach und niemand macht auf eventuelle Fehler, und seien es nur solche der Rechtschreibung, aufmerksam. So firmiert etwa Hans Pfitzners Oper "Palestrina" weiterhin als "Palästrina", weil einem Historiker das britische Völkerbund-Mandat Palästina oder der heutige Traum vom arabischen Staat näherstehen als ein Renaissance-Komponist.
Was aber nicht ein einziger der Kommentatoren angemerkt hat: Die Philharmoniker lehnten 1943 die Aufführung von Werken Raimund Weissensteiners "aus staatspolitischen Erwägungen" ab. Weissensteiner war katholischer Priester. Bis in die 1990er Jahre wurde er in der Presse von Kritikern in diesem Zusammenhang verhöhnt und nach seinem Ableben 1997 ganz totgeschwiegen. Weil sich die Medien eben, und das ist die bittere Erkenntnis daraus, bis in die Gegenwart aussuchen, welche der von den Nationalsozialisten verfolgten Bevölkerungsgruppen sie ehren. Bei Juden hat es lange gedauert, bei Homosexuellen, Sinti und Roma noch länger. Aber kirchliche Würdenträger, Menschen mit Behinderung, Jehovas Zeugen? - Fehlanzeige bis heute. Und jetzt sagen wir bitte schnell noch ein abschließendes kollektives "Huch" zum "Fall Wiener Philharmoniker". Und gehen wir wieder zur Tagesordnung über.