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Salzburg könnte mit einem blauen Auge davonkommen

Von Reinhard Göweil

Politik

Nur noch ein leises Verlust-Risiko bei den Finanzgeschäften des Landes.


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Wien. Übers Wochenende wird in Salzburg noch wild gerechnet, aber eines steht mittlerweile fest: Die Referatsleiterin der Finanzabteilung, Monika R., hat in ihrem "Schatten-Portefeuille" mit weiteren 1,25 Milliarden Euro spekuliert. Davon wussten - nach eigenen Angaben - weder Finanzlandesrat David Brenner noch der beamtete Vorgesetzte von Frau R., Eduard Paulus. Brenner tritt am 23. Jänner zurück, Paulus ist mittlerweile vom Dienst suspendiert.

Dabei könnten alle - wie es derzeit ausschaut - mit einem blauen Auge aussteigen. Dem Vernehmen nach dürfte es keine Verluste daraus geben, die von R. genannten Verluste in Höhe von 340 Millionen Euro konnten jedenfalls bis Freitag nicht nachvollzogen werden. Günstig allerdings dürfte sich das niedrige Markt-Zinsniveau auswirken, dadurch wird die Finanzierungsseite der Geschäfte billiger. Diese 1,25 Milliarden Euro kommen zu den bekanntgegebenen Derivat-Volumen des Landes Salzburg von 1,788 Milliarden Euro noch dazu. Allerdings sagt das Volumen nichts über das Risiko aus - es dürfte also möglich sein, auch daraus wenigstens keinen Verlust hinnehmen zu müssen.

Landesbudget entlasten

David Brenner wollte dies am Freitag im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" nicht bestätigen, auch nicht ob das Budget 2013 halten wird oder nicht. "Dazu fehlt uns momentan noch die Endberechnung, aber bis kommenden Mittwoch liegt alles vor." An diesem Tag wird der Sonder-Landtag in Salzburg stattfinden.

Eines scheint mittlerweile klar zu sein: Die Beamtin hatte eine klare Vorgabe, durch den Einsatz recht komplexer Finanzprodukte Erträge für das Land zu erwirtschaften und das Landesbudget zu entlasten. Allerdings schauten weder Paulus noch Brenner (und seine Vorgänger, denn Brenner ist seit 2007 im Amt) genau hin, was da so alles passierte. Da die interne Kontrolle der Veranlagungen ebenfalls in der Finanzabteilung angesiedelt war, konnte dieser "Schatten-Haushalt" entstehen.

Für das Budget 2013 des Landes dürfte es - so stellte sich die Situation am Freitag dar - nur noch ein leises Risiko geben: Wenn ein kurzfristiger Kredit zur Absicherung der Geschäfte ausläuft, müsste er wohl verlängert werden, das könnte den Schuldenstand leicht erhöhen. Denn noch eines ist wesentlich: Das Volumen der Veranlagungen ist nicht ident mit den Schulden. Wegen der sogenannten Hebelwirkung von solchen Währungs- und Zins-Wetten liegt der notwendige Kapitaleinsatz bei einem Bruchteil des Nominale.

Wenn nun alles einigermaßen glimpflich ausgehen kann, warum dann die ganze Aufregung? Nun, erstens ist die Vorstellung, dass eine einzelne Beamtin 1,25 Milliarden Euro an allen Instanzen vorbei veranlagen kann, eher beunruhigend. Nachdem der stellvertretende Landeshauptmann Brenner am 6. Dezember damit an die Öffentlichkeit ging, konnte nicht einmal der zuständige Chef der Abteilung, Eduard Paulus, erklären, was da passierte. Allerdings musste er gewusst haben, dass seine Mitarbeiterin R. da ziemlich aggressiv unterwegs war. Bis 2007 soll es einen "Polster" in Höhe von 270 Millionen Euro an nicht realisierten Gewinnen gegeben haben. "Hohe Rendite bedeutet hohes Risiko. Wenn es gut geht, fein. Wenn es schiefgeht, furchtbar", sagt der Devisenhändler einer Bank. Es dürfte aber an Berechnungen zum Risiko gefehlt haben. "In Salzburg waren alle damit überfordert", glaubt der Vorstand einer Großbank. "Selbst wenn die Frau erzählt hätte, was sie tut, wäre sie vermutlich nicht verstanden worden."

Landtag wusste vieles nicht

Der zweite Punkt betrifft die fehlende Information des Landtages: Derivate müssen nicht in den Rechnungsabschluss, das kritisierte auch Rechnungshof-Präsident Josef Moser in der Freitag-Ausgabe der "Wiener Zeitung". Nach dem Platzen der Bombe gab es auch die Befürchtung, dass weitere 445 Millionen Euro, die von der Bundesfinanzierungsagentur für Salzburg aufgenommen worden waren, "verschwunden" sein könnten. Waren sie nicht, sie sind veranlagt und werfen leichte Gewinne ab. Allerdings müssen solche Mittel nicht im Rechnungsabschluss eines Landes aufscheinen - ein Mysterium der Verordnung, die den Rechnungsabschluss der Länder definieren sollte.

Dass die Landesregierung davon nicht gewusst hat, ist unmöglich. Die Oppositionsparteien - Grüne und FPÖ - werfen daher vor der am 5. Mai stattfindenden Landtagswahl beiden Regierungsparteien Vertrauensbruch vor. Landeshauptfrau Gabi Burgstaller wird wohl erneut für die SPÖ antreten, Haslauer für die ÖVP. Die ÖVP ist allerdings auch beschädigt, den beiden neuen Parteien Team Stronach und Neos werden Chancen eingeräumt, in den Landtag einzuziehen. Das würde die bisherigen Mehrheitsverhältnisse im Landtag verschieben. Von den bestehenden Parteien gehen die Grünen unbelastet in die Wahl, sie stimmten in den vergangenen Jahren keinem Landesbudget zu.

Paulus: "Intrige" der ÖVP

Für die bisherige Nachwuchshoffnung der SPÖ, David Brenner, ist es am 23. Jänner vorerst mit der Politik vorbei. Gerüchte, wonach er erst zurücktrat, als er fünf Jahre im Amt war und nun Anspruch auf eine Politikerpension hat, weist Brenner erbost zurück. "Das ist eher bösartig. Ich bin ganz normal ASVG-versichert, da gibt es keine Politikerpension. Ich werde mich beruflich ganz neu orientieren." Vorher wird er noch dem Landtag am kommenden Mittwoch Rede und Antwort stehen, um die Veranlagungen des Landes darzustellen. Wenig Grund zur Freude hat Eduard Paulus. Seine Nähe zu Wilfried Haslauer schadet nun der ÖVP erheblich, und die Staatsanwaltschaft führt ihn nun in der Causa als Beschuldigten.

Paulus lässt nun aber seinerseits aufhorchen: In der Lokalausgabe der "Kronen Zeitung" sprach er von einer "Intrige" der ÖVP gegen Brenner. Diesen wollte die ÖVP beschädigen, um die Landtagswahl zu gewinnen. "Mich nahm man dabei als Kollateralschaden in Kauf", sagte Paulus.

Wenn aber auch aus dem "Schatten-Portefeuille" von Monika R. keine Verluste auftreten, stellt sich die Frage: Wer wurde geschädigt?