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Salzburg: Vom Machtvakuum über Malversation zum Mumpitz

Von Christoph Irrgeher

Analysen

Der Salzburger Festivalskandal, er war in seiner heißen Phase einer der Zahlen: Kolonnenweise kündeten sie vom Betrug, den Ex-Osterfestspiel-Geschäftsführer Michael Dewitte und Klaus Kretschmer, der entlassene Technik-Chef der Salzburger Festspiele, begangen haben sollen.


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Nun aber hat die Causa ein politisches Stadium erreicht - womit ein anderer Faktor ins Zentrum rückt: nämlich die Motivation der handelnden Personen. Drei Triebfedern wären da zu nennen: Eigeninteresse. Angriff. Und Verteidigung.

Alle drei dürften Gabi Burgstaller (SPÖ) antreiben, Landeshauptfrau und infolge dessen geschäftsführende Präsidentin der Osterfestspiele. Anfang Dezember, lang bevor das volle Ausmaß des Skandals greifbar war, gelang unter ihrer Ägide ein Coup: Der Beschluss einer Subventionserhöhung vereitelte den Abzug der Berliner Philharmoniker. Und dass die Geldgeber Stadt, Land und Tourismus zugleich einwilligten, bei der Osterfestspiel GmbH einsteigen zu wollen, löste vorab ein weiteres Problem: Seit Anfang Februar steht ja nicht nur Dewitte unter Verdacht, sondern auch sein einstiges Umfeld - spätestens dann hätte es völlig neue Strukturen gebraucht.

Jetzt aber droht der Tourismusförderungsfonds auszuscheren - weil er plötzlich doch nicht Gesellschafter werden will. Das hört sich indes schlimmer an, als es ist: Denn der Fonds (oder zumindest die dahinter stehende Wirtschaftskammer) will nichtsdestotrotz weiterzahlen; und für die GmbH dürfte sich (angesichts der sonst drohenden Schmach) eine (Alternativ-)Lösung finden lassen.

Darum ist das Salzburger Gezänk über diese Frage (Burgstallers Büro witterte gar politische Spielchen aus der ÖVP-lastigen Kammer) eher entbehrlich. Und eigentlich auch ablenkend. Weil damit erneut die Frage überdeckt wird, ob die Malversationen bei den Osterfestspielen nicht schon vor längerer Zeit aufzudecken gewesen wären.

Gewiss: Personen ausfindig zu machen, die diese These untermauern, ist mittlerweile Journalisten-Sport. Und gewiss: Wenn Franz Welser-Möst sich dergestalt äußert, begleicht er wohl auch eine offene Rechnung mit der Festival-Präsidentin: Sie ließ ihn ja für die Wiener Philharmoniker verhandeln - die dann nur zweite Wahl waren, als die Berliner blieben. Trotzdem: Wenn Welser-Möst sagt, dass er angesichts gewisser Posten in Dewittes Büchern im Vorjahr stutzig wurde, hinterlässt das doch einen bitteren Nachgeschmack - da kann Burgstaller, seit 2004 Präsidentin, noch so sehr ihre Retterrolle betonen, noch so viele Verdächtige beim vollen Namen nennen. Wobei der Systemfehler wohl nicht nur in mangelnder Kontrollschärfe lag. Sondern auch darin, ein Festival, dessen Strukturen immer noch auf sein ehemaliges Kraftzentrum Herbert von Karajan verwiesen, so lange nicht modernisiert zu haben.