Rechtsextreme Sachbeschädigungen flammen in der Landeshauptstadt seit fast zwei Jahren immer wieder auf.
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Salzburg. Salzburg hat ein rechtsextremes Problem. Seit fast zwei Jahren überzieht eine unheimliche Serie von Schmierereien mit offensichtlich rechtsextremem Hintergrund die Landeshauptstadt. Die jüngsten Vorfälle passierten in den vergangenen Tagen und trafen die beiden Parteien, die am entschiedensten gegen die Schmierereien auftreten.
In der Nacht auf Dienstag wurde die SPÖ-Parteizentrale in Salzburg zum fünften Mal Ziel einer Schmieraktion. Die Fassade des Hauses wurde mehrmals mit "H8" beschmiert, einem rechtsextremen Code für "Heil Hitler". Am Wochenende wurde erstmals auch die Zentrale der grünen Landespartei beschmiert. Dort wurde der Schriftzug "Soko 88" an der Bürotür angebracht. In einschlägigen Kreisen steht "88" ebenfalls für "Heil Hitler".
NS-Opfer-Mahnmal beschmiert
Hintergrund für die Schmiererei bei den Grünen ist offenbar, dass die Partei zuletzt mehrmals die Einrichtung einer eigenen Sonderkommission (Soko) bei der Polizei gegen die rechtsextremen Sachbeschädigungen gefordert hatte. Im Herbst kam es zu einem Wiederaufflammen der Schmierereien. Im November wurde ein steinernes Mahnmal für NS-Opfer am Salzburger Kommunalfriedhof mit schwarzer Farbe überschüttet.
Das Mahnmal war im Vorjahr bereits mehrmals Ziel von Schmieraktionen. "Wir haben es in Salzburg offensichtlich mit einem Bodensatz zu tun, der zunehmend offensiver in Erscheinung tritt. Hier verschaffen sich die Vertreter eines höchst menschenverachtenden Gedankenguts immer provokanter Gehör. Dem müssen wir auf allen Ebenen entschieden entgegentreten", sagte Grünen-Chefin und Landeshauptmann-Stellvertreterin Astrid Rössler nach den jüngsten Vorfällen.
Landes-SPÖ-Chef Walter Steidl sagte: "Das sind untragbare Zustände, gegen die wir dringend etwas unternehmen müssen. Ich erwarte mir, dass die Aufklärung der Vorfälle schleunigst vorangetrieben wird und daher schließen wir uns der Forderung der Grünen für die Einrichtung einer Sonderkommissionseinheit zur Aufklärung dieser Vorfälle an." Dazu wird es aber nicht kommen. Polizei-Sprecher Ortwin Lamprecht wies die Forderung im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" zurück.
"Dazu muss man die Polizei grundsätzlich verstehen", so Lamprecht. "Sonderkommissionen werden nur für Bereiche eingerichtet, für die es noch keine speziellen Ermittlungseinheiten gibt. Das ist hier nicht der Fall. Für diesen Bereich gibt es im Landesamt für Verfassungsschutz bereits eine spezielle Ermittlungsgruppe. Außerdem gibt es eine Arbeitsgemeinschaft mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz."
Ob diese Gruppe bei Bedarf aufgestockt wird, konnte Lamprecht nicht sagen. Dafür sei das Innenministerium zuständig, so der Polizei-Sprecher. Die Erfolge der speziellen Ermittlungsgruppe sind aber offensichtlich bescheiden. Schließlich gab es die ersten Schmierereien schon vor über einem Jahr. Seither gibt es bei der Frage nach den Ermittlungen stets dieselbe Antwort, diese seien im Laufen. Das gilt auch für die jüngsten Vorfälle in den vergangenen Tagen. SPÖ-Chef Steidl vermutet, dass es sich um einen kleinen Täterkreis handelt. "Ich gehe nicht davon aus, dass es sich um eine große Gruppierung rechtsradikaler Personen handelt", sagt er. Die Polizei kann das nicht bestätigen: "Wir wissen einfach nicht, ob es eine größere Tätergruppe ist", sagt Sprecher Lamprecht. Dabei hatte es zu Beginn der unheimlichen Serie einen schnellen Ermittlungserfolg gegeben.
Anklage gegen zwei Täter
Wenige Tage, nachdem im Oktober 2013 erstmals im Boden eingelassene Gedenksteine, sogenannte Stolpersteine, beschmiert worden waren, nahm die Polizei einen jungen Salzburger fest. Einige Wochen später wurde ein weiterer Täter festgenommen. Die beiden Täter - ihnen werden insgesamt 133 Einzeltaten vorgeworfen - sind inzwischen angeklagt und laut Staatsanwaltschaft im Wesentlichen geständig. Wann es zum Prozess kommt, ist noch offen. Seit der Entlassung aus der Untersuchungshaft haben die beiden Täter auch in der Öffentlichkeit ihre Reue bezeugt und medienwirksame Gespräche mit Marko Feingold, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde in Salzburg, geführt.
Die Serie an Schmierereien setzte sich aber trotz dieser Verhaftungen fort. Es kam auch zu anderen Sachbeschädigungen, so wurde der Glaskubus eines Euthanasie-Mahnmals in Salzburg im Mai dieses Jahres zerstört. Das erneuerte Mahnmal wurde erst vergangene Woche wieder enthüllt und wird nun videoüberwacht.
Zuvor waren schon die Österreichische Hochschülerschaft, SPÖ-Jugendorganisationen und die Homosexuellen-Initiative in Salzburg Opfer von Sachbeschädigungen und Angriffen mit rechtsextremem Hintergrund geworden.