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SamCam, die Geheimwaffe der Tories

Von Alexander U. Mathé

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First Ladies, beziehungsweise Frauen, die es werden könnten, sind in England längst nicht mehr politische Randfiguren. Bei den Konservativen macht derzeit Samantha Cameron Furore.


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Samantha Cameron ist eine englische Aristokratin, deren Ahnenreihe sogar King Charles II. streift. Sie ist Chefin der Kreativ-Abteilung von Smythson, einem exklusiven Lederwarengeschäft in der Londoner Bond Street. Als solche hat die 38-Jährige schon einen Designerpreis kassiert und Sängerin Madonna als begeisterte Kundin gewonnen. Ganz nebenbei ist sie die Frau von David Cameron, dem Chef der konservativen Opposition in England. Der will bei den Wahlen im Mai den Posten des Premierministers ergattern.

Dieser Hintergrund würde die Vermutung nahelegen, bei Samantha Cameron handle es sich um ein Luxusweibchen. Doch weit gefehlt. Sie hat sich im Gegenteil ein Image als Frau des Volkes aufgebaut und gilt als "Bohemienne der Oberschicht". Auf der einen Seite ihres Lebens finden sich eine Kindheit auf einem Latifundium, teure Privatschulen und ein Kunstgeschichte-Studium, auf der anderen ein Delfin-Tattoo auf ihrer rechten Fußfessel und durchzechte Nächte in verrauchten Pubs. Auf den Hinweis, dass sie bald in Downing Street 10 einziehen könnte, soll sie gesagt haben: "I fucking hope not."

Den Eindruck der Volksnähe verstärkt sie bei öffentlichen Auftritten an der Seite ihres Mannes. Zu denen kommt sie schon einmal in Klamotten, die sie sich bei H&M, Zara und Co. um insgesamt hundert Euro zusammengekauft hat. "High Street Chic" nennen das die begeisterten Briten, die "SamCam" - so ihr Spitzname in der Presse - zur Stil-Ikone erklärt haben, die einkauft, wo Frau Müller auch einkauft.

Was zuerst da war, ihr publikumswirksames Wesen oder die Erkenntnis, dass sich dieses zu Wahlkampfzwecken einsetzen lässt, ist schwer zu sagen. Klar ist nur, dass es bei einer solchen Popularität für die Tories längst Zeit wurde, sie als Geheimwaffe einzusetzen. Schließlich verlieren die Konservativen derzeit zusehends gegen Labour an Boden. Und die Zeiten, da die First Ladies stets lächelnde Schattenfiguren waren, sind längst vorbei.

Schon Ex-Premier Tory Blairs Frau Cherie machte mit ihrer Einmischung in die Politik Schlagzeilen, und auch Camerons Gegenüber bei Labour, Sarah Brown, ist bereits seit eineinhalb Jahren der lauteste Fan von Premier Gordon Brown. Da konnte "SamCam" nicht zurückfallen. Mit lockeren Geschichten aus ihrem Privatleben legte sie den Weichzeichner über ihren als hart und aalglatt geltenden Mann. Das erinnerte zwar ein bisschen an Bewerbungsgespräch, brachte aber den bezweckten Popularitätsschub.

Anfang der Woche verkündete sie, dass sie ihr viertes Kind erwarte. Das sei, sagte sie, angesichts des Wahlkampfs nicht der günstigste Zeitpunkt dafür, obschon man in ihrem Alter nicht wählerisch sein dürfe. Doch die Aussage hat ihr wohl Frauenherzen zufliegen lassen und ihrem Mann Wählerstimmen.