Kandidat Karroubi erkennt das Wahl- ergebnis nicht an. | Geistliche in Ghom machen sich Sorgen um Irans Zukunft. | Wien/Teheran. Auch wenn die Welt noch immer skeptisch auf den Iran blickt: Präsident Mahmud Ahmadinejad ist in Siegerlaune: Nach der Bestätigung seiner umstrittenen Wiederwahl durch den Wächterrat feierte Irans alter, neuer Präsident am Mittwoch seinen Wahlsieg und nutzte die Feierlichkeiten einmal mehr für Hasstiraden gegen den Westen. "Eure samtene Revolution in Teheran, um mich zu stürzen, ist gescheitert", so Ahmadinejad bei einer Rede in Teheran. Er sagte eine Reise zu einem Treffen der Afrikanischen Union in Libyen ab.
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Die von Hossein Moussavi angeführte Opposition erkennt die Wiederwahl Ahmadinejads nach wie vor nicht an, fordert Neuwahlen und wird von den Hardlinern zunehmend in die Knie gezwungen. Auf den Wächterratsspruch reagierte zunächst lediglich der neben Moussavi zweite unterlegene Kandidat der Reformer, Mehdi Karroubi, mit einem deutlichen Brief auf seiner Webseite: "Diese Wahl hat für mich keinerlei Gültigkeit und ich erkenne diese Regierung nicht als legitim an." Karroubi wollte diesen Brief auch in der Mittwochsausgabe seiner Zeitung "Etemad Melli" drucken, woraufhin die Zeitung von der Zensurbehörde verboten wurde.
Durch das massive Polizeiaufgebot in Teheran sind am Dienstag und Mittwoch laut Augenzeugenberichten kaum mehr Demonstranten auf den Straßen gewesen. Offiziell sind die meisten der mehr als tausend in den vergangenen Wochen Festgenommenen wieder freigelassen worden, die Zahl der Getöteten wird mittlerweile mit 20 angegeben.
Indes bricht die geistliche Elite Irans in Ghom nach und nach ihr tagelanges Schweigen zur Wahl. Der Tenor der Reaktionen: Der oberste Führer Irans, Ayatollah Ali Khamenei, habe die Situation nach der Wahl nicht unter Kontrolle gehabt, da er sich als Führer nicht unparteiisch gezeigt, sondern für Ahmadinejad agiert hätte.
Der Anführer dieser Bewegung Ghoms ist der Ex-Günstling Khomeinis, der im Iran sehr beliebte Großayatollah Montazeri. Sechs geistliche Mitglieder des Wächterrats wurden diese Woche in Ghom nicht gerade freundlich empfangen. Parteilichkeit und Unprofessionalität mussten sie sich an den Kopf werfen lassen.