EU ist zu fast 100 Prozent von Importen abhängig. | China wird nicht mit WTO behelligt. | Brüssel. Von scharfen Drohungen gegenüber China oder rohstoffreichen afrikanischen Staaten ist in den neuen EU-Papieren über die wichtige Rohstoffe nichts mehr zu finden. Präsentiert werden sollen die Pläne morgen, Mittwoch. Die letzten Entwürfe liegen der "Wiener Zeitung" vor. Fazit: Die EU-Kommission hat ihren Ton gemäßigt. | Analyse: Braucht die EU Menschenrechte in China? Wirtschaftlich gesehen nicht
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Ein ursprünglich auf Bodenschätze wie seltene Erden und Metalle fokussiertes Strategiepapier von Industriekommissar Antonio Tajani wird auf eine breitere Basis gestellt. Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso und einige Kollegen des Italieners sollen mit der Erstversion nicht glücklich gewesen sein.
Weiter wird auf die Wichtigkeit von Seltenen Erden und Metallen für die Industrie verwiesen. Die Kommission hat 14 außerordentlich kritische Rohstoffe aufgelistet. Bei jenen besteht "innerhalb der nächsten zehn Jahre ein besonders hohes Risiko eines Versorgungsengpasses und sie sind besonders wichtig für die Wertschöpfungskette. Sie sind meist schwer durch andere Materialen zu ersetzen und haben geringe Recyclingraten." Das Versorgungsrisiko werde noch dadurch erhöht, dass die Produktion in einer Handvoll Länder konzentriert sei, die politisch und wirtschaftlich instabil seien. Die Importabhängigkeit der EU liegt bei den kritischen Ressourcen fast durchwegs bei 100 Prozent.
China hat Monopol
Für Seltene Erden hat China fast ein Monopol und ist offensichtlich bereit, diese Stellung auszunutzen. Wichtig sind sie etwa für die Herstellung von Hochleistungsmagneten in Windturbinen und Elektrofahrzeugen, Katalysatoren, Glasfaserkabel und Supraleiter. Auch durch die Drosselung der Ausfuhren haben sich die Preise im letzten Jahr mehr als verdoppelt. Anders als noch im November will die EU den Chinesen jetzt aber nicht mehr explizit mit der Ausweitung von WTO-Verfahren drohen.
Andere wichtige Lieferländer für Metalle, die in der High-Tech-Industrie gebraucht werden, sind Russland, Brasilien, die Demokratische Republik Kongo und Bolivien. Vor allem gegenüber afrikanischen Ländern mit vielen Rohstoffen winkt jetzt nicht mehr der Entzug von Handelserleichterungen als Druckmittel sondern nur mehr das Angebot der Zusammenarbeit beim Ausbau der Bergwerke und Straßen. Dabei könnte auch die Europäische Investitionsbank eine wichtige Rolle spielen.
Handel wird beobachtet
Konkret schlägt die Kommission vor, dass die Liste der kritischen Rohstoffe alle fünf Jahre erneuert wird. Der internationale Handel solle genau beobachtet und identifizierte Handelshemmnisse möglichst beseitigt werden. Das soll auch in internationalen Foren wie den G20, der WTO oder der OECD thematisiert werden. Zudem soll der Abbau von wichtigen Ressourcen auch innerhalb der EU gefördert werden. Dafür schwebt Tajani ein transparentes und rasches Zulassungsverfahren für den Abbau neuer Bodenschatzfunde vor. Wie gehabt bleiben Bergbautätigkeiten "in oder nahe von Natura-2000-Gebieten" kein Tabu, solange es sich dabei nicht um Öl, Gas oder Kohle handelt. Naturschützer hatten sich im Vorfeld sehr kritisch zur Nutzung der Tier- und Pflanzenschutzgebiete für Rohstoffe geäußert.
Auch der effiziente Rohstoffeinsatz und das Recycling sollen gefördert werden. Unter dem Schlagwort "Urban Mining" wird die Extraktion von wertvollen Metallen aus städtischem Müll forciert.