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Sanktionen der EU-14 haben nichts bewirkt - Die Erosion kam von innen

Von Brigitte Pechar

Analysen

Am 4. Februar 2000 zeigte die Europäische Union dem kleinen Österreich, dass nicht alles toleriert wird: Die Regierungsbeteiligung der FPÖ, damals unter Führung von Jörg Haider, nahmen die 14 EU-Staaten zum Anlass, Sanktionen gegen Österreich auszusprechen. Zwar versuchte Wolfgang Schüssel diesen Ernstfall noch zu verhindern, indem er nicht Haider, sondern Susanne Riess-Passer zur Vizekanzlerin machte - allein, es gelang nicht.


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Über die Sinnhaftigkeit der Sanktionen scheiden sich bis heute in Österreich die Geister. Dass Wolfgang Schüssel das damals noch geeinte dritte Lager in die Regierung holte, galt als absoluter Tabubruch.

Was aber ist geblieben von den Aufregungen - die Regierung musste unterirdisch vom Bundeskanzleramt zur Angelobung in die Hofburg zu Bundespräsident Thomas Klestil schreiten, es gab jahrelang Demonstrationen - vor zehn Jahren?

Heute scheint es, dass die neue Führungsriege - ob Josef Pröll in der ÖVP oder Werner Faymann in der SPÖ - an die Zeit von Schwarz-Blau (später Schwarz-Orange) nicht mehr anstreifen möchte. Die damaligen Protagonisten spielen in der Politik keine Rolle mehr und die neuen versuchen, diese Zeit aus ihrem Gedächtnis zu streichen. Diese Phase der österreichischen Zeitgeschichte ist wie von Zauberhand weggewischt - einzig Jubiläen sind dazu angetan, noch einmal einen Blick darauf zu werfen. Wolfgang Schüssel ist nur noch einfacher Abgeordneter, Wilhelm Molterer und Martin Bartenstein detto. Jörg Haider ist tot, von den Blauen ist nur noch einer in der Politik: Herbert Scheibner, der aber mittlerweile bei den Orangen ist.

Schüssels Widerpart Alfred Gusenbauer, der erst am 1. Mai 2000 mit 40 Jahren SPÖ-Vorsitzender wurde, weil sich die Partei auf eine längere Oppositionsphase eingestellt hatte, ist nicht mehr in der Politik. Obwohl er seiner Partei schon 2006 den Kanzlersessel zurückerobert hat.

Die Karten sind seit 2008 völlig neu gemischt, das Spiel findet aber in den seit 1945 vorherrschenden Farben Rot und Schwarz statt - mangels Alternativen. Denn wenn Schüssels Experiment eines gezeigt hat, dann doch wohl, dass eine Regierung mit den Freiheitlichen eine ungewisse Reise ist.

Die Sanktionen der EU-14 haben dieses Projekt nicht zum Scheitern bringen können, vielmehr kam die Erosion von innen. Und dieser Prozess ist im Dritten Lager nach wie vor nicht abgeschlossen - siehe die jüngsten Entwicklungen des BZÖ in Kärnten. Daher hüten sich die "großen" Parteien auch, das dritte Lager wieder ins Spiel zu bringen, und vor allem die ÖVP scheint von einem derartigen Projekt auf Bundesebene geheilt zu sein. Und auch die EU scheint daraus gelernt zu haben: Eine Wiederholung der Sanktionen scheint derzeit undenkbar.