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Sanktionen müssen wehtun

Von Otmar Lahodynsky

Gastkommentare
Der Autor war bis 15. Februar Internationaler Präsident der Association of European Journalists (AEJ). Er war Redakteur beim Nahrichtenmagazin "profil".

Die EU sollte gegen Lukaschenko härtere Strafmaßnahmen beschließen. Ihn vor Putins Klammergriff schützen zu wollen, war illusorisch.


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Kann die EU mit neuen Sanktionen das diktatorische Regime von Alexander Lukaschenko in Weißrussland stürzen? Wohl kaum, aber nach der erzwungenen Landung eines EU-Linienflugzeugs erscheinen weitere Wirtschafts- und Finanzsanktionen unumgänglich. So sollen die für die Devisenbeschaffung wichtigen Kali-Exporte betroffen sein. Auch ein Abschneiden des Landes von internationalen Banknetzwerken wie Swift wird überlegt.

Seit dem Maastricht-Vertrag, mit dem die EU 1992 auch Kompetenzen in der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik erhalten hat, wurden deutlich mehr Sanktionen verhängt. Laut Liste (www.sanctionsmap.eu) sind derzeit mehr als 170 Strafmaßnahmen gegen mehr als 30 Länder in Kraft. Seit Dezember 2020 verfügt die EU über einen neuen Mechanismus gegen Personen weltweit wegen Menschenrechtsverletzungen. Dieser wurde erstmals im März gegen China - wegen der Unterdrückung der Uiguren - und weitere Länder eingesetzt. Auch gegen mehrere Personen in Russland, die an der Verurteilung des Oppositionellen Alexej Nawalny beteiligt waren, wurden Einreiseverbote und Kontosperren verhängt.

Doch unter Diplomaten galt bisher die These, dass nur Sanktionen gegen kleinere Staaten funktionieren, bei großen wie China oder Russland sind meist Auswirkungen auf die eigene Wirtschaft zu groß. Daher waren die 1989 gegen China verhängten Handelssanktionen wegen der blutigen Niederwerfung der Proteste in Peking nicht von langer Dauer.

Bei Belarus müssten jetzt internationale Organisationen die Freilassung von Regimekritikern und die Abhaltung von Neuwahlen unter Aufsicht fordern. Fluglinien, die wie Turkish Airlines oder Aeroflot weiter Minsk anfliegen, müssten mit Landeverboten auf EU-Flughäfen belegt werden. Aber das hätte wieder neue Probleme mit Ankara und Moskau zur Folge. Nach der völkerrechtswidrigen Krim-Besetzung 2016 und dem vom Kreml geschürten Kon-
flikt in der Ostukraine hat die EU in mehreren Schritten Sanktionen gegen Russland verhängt. Moskau belegte umgekehrt die EU mit Einfuhrbeschränkungen auf dem Agrarsektor. Wegen der Unterstützung Lukaschenkos durch Wladimir Putin fordern jetzt EU-Politiker wie EU-Parlamentspräsident David Sassoli härtere Maßnahmen. Einzelne EU-Länder wie Ungarn oder Zypern könnten aber dagegen ein Veto einlegen. Daher sollte hier das Einstimmigkeitsprinzip wegfallen.

Vielleicht sollte man zuvor den Rat des Botschafters der Ukraine in Österreich, Olexander Scherba, befolgen. In seinem neuen Buch "Ukraine vs. Darkness" schlägt er Maßnahmen gegen Oligarchen, die Putins System stützen, vor: "Lasst die russischen Entscheidungsträger, Propagandisten, Oligarchen und ihre Familien ihre Ferien auf Kamtschatka oder Chukotka verbringen, nicht in ihren englischen Schlössern oder italienischen Villen. Schneidet sie von ihrem Reichtum ab - durch Swift, Visaentzug, Einfrieren ihrer Konten. Vergiftet nicht nur ihren Ruf, sondern auch ihr Geld. Das ist alles, was es braucht."