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Sarkozy allein gegen alle

Von Alexander U. Mathé

Analysen

+++ Chancen, aber auch Gefahr für Frankreichs Innenminister im CPE-Streit. | Dem französischen Innenminister Nicolas Sarkozy steht ein Husarenritt bevor. Der UMP-Chef hat die Reform des umstrittenen Arbeitsgesetzes übernommen und will den Konflikt im Gespräch mit den Gewerkschaften schnell beenden. Damit ist er - so scheint es - der Mann der Stunde. Sarkozy bewegt sich aber sowohl innerparteilich als auch innenpolitisch auf sehr dünnem Eis.


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Viel Handlungsspielraum bleibt dem Minister nicht, denn die prinzipielle Marschroute ist bereits von Jacques Chirac vorgegeben. Zudem hat der Präsident Sarkozys Rivalen Dominique de Villepin insoweit den Rücken gestärkt, als der neue Gesetzesentwurf zum CPE "in absoluter Kohärenz" mit dem Premierminister erarbeitet werden muss. Dieser behält somit die Oberhoheit über das Projekt, ist aber gleichzeitig aus der Schusslinie.

Sarkozy hingegen kann sich in der Krise nicht mehr von der Regierung distanzieren und sieht aufreibenden Verhandlungen im Sozialkonflikt entgegen. Nachdem er sich wochenlang als einzig möglicher Retter der Partei präsentiert hatte, steht der Innenminister unter Erfolgszwang.

Sein Eifer und seine guten Kontakte zur Gewerkschaft dürften ihm zu einer baldigen Lösung im CPE-Streit verhelfen und seiner Popularität weiter Auftrieb geben. Aber der Erfolg könnte sich schnell als Pyrrhussieg entpuppen. Denn die Leute, die auf den Straßen für ein Einlenken im Streit um den CPE eintreten, gehören nicht unbedingt zu den Stammwählern der UMP. "Wir Konservative sollten aufhören, uns um die Jugend zu kümmern, denn diese wendet sich jedes Mal gegen uns." Mit solch beißender Ironie hat noch vor kurzem der UMP-Abgeordnete und Sarkozy-Berater Patrick Devedjian die Situation charakterisiert.

Bei der UMP läuft Sarkozy hingegen Gefahr, zum Sündenbock für die Kapitulation vor der Straße zu werden. Auch die extreme Rechte fischt mit diesem Argument bereits nach den Stimmen, die sie an Sarkozy durch dessen Politik von Recht und Ordnung verloren hat. Sie spricht von "einem Sieg der Gewalt und der Herrschaft der Meuterei".

Aber auch die Sozialistische Partei ist mittlerweile aus ihrer Lethargie der vergangenen Wochen erwacht. Sie sieht in dem Streit die Chance gekommen, die innere Orientierungslosigkeit zu überwinden. Zu verlieren hat sie dabei nichts, aber viel zu gewinnen. Immerhin haben noch 62 Prozent der Franzosen laut Umfragen Verständnis für die CPE-Proteste. Dementsprechend aggressiv das Vorgehen der Linken. Nicht nur der CPE, nein auch die Version für Kleinbetriebe CNE, soll abgeschafft werden. Dem Vernehmen nach haben es sich die Sozialisten auch noch zum Ziel gemacht, bei der Gelegenheit Sarkozys Kopf zu kassieren. Unterdessen hat Dominique de Villepin die Chance, sich um andere Themen zu kümmern, mit denen er bei Partei und Wählern punkten kann.