Wahlkampf ist schnell, kurz, effektiv und total geplant.
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Paris/Wien. Nicolas Sarkozy will der Konkurrenz nicht länger das Feld überlassen. Offiziell wird Frankreichs Präsident frühestens nächste Woche die erneute Kandidatur um sein Amt bei den Wahlen Ende April und Anfang Mai bekanntgeben. Faktisch hat der Konservative seinen Wahlkampf längst begonnen.
Der sozialistische Kandidat, François Hollande, ist seit seiner Nominierung im Oktober in den Umfragen nicht zu bremsen: Bis zu 60 Prozent der Stimmen werden ihm bei der Stichwahl prognostiziert. Sarkozy hingegen liegt derzeit mit 23 Prozent gerade einmal zwei Punkte vor der Rechtsaußen-Kandidatin von der Front National (FN), Marine Le Pen. Ihr wird ein größeres Potenzial als ihrem Vater Jean-Marie nachgesagt. Der schaffte es vor zehn Jahren immerhin in die Stichwahl gegen Jacques Chirac. Höchste Zeit für Sarkozy also, etwas zu tun.
"Schnell, kurz, effektiv, total", so beschreiben Insider das, was Sarkozy als "Schock"-Wahlkampf geplant hat. In Ansätzen nennt der Präsident in einem dieses Wochenende erscheinenden Interview mit der Zeitung "Le Figaro", worauf sich dieser Blitzkrieg konzentrieren wird. Sarkozy spricht sich darin gegen die Homo-Ehe aus, gegen Sterbehilfe und kündigte "Überraschungs-Maßnahmen" für ein strengeres Asylrecht an. Nicht-EU-Ausländer sollen kein Stimmrecht bei den Gemeinderatswahlen haben und Arbeitslosen die Zuwendungen gestrichen werden, wenn sie eine Umschuldung oder gemeinnützige Arbeit ablehnen.
Innenminister kämpft
auf der rechten Flanke
Hauptziel sind - schwer verkennbar - die FN-Wähler. Dabei vertraut Sarkozy erneut auf seinen Berater Patrick Buisson, den er aus dem FN-Lager geholt hat und der ihm schon 2007 half, dessen Wählerschaft einzufangen. Sarkozys Vorkämpfer auf der rechten Flanke ist Innenminister Claude Guéant. Der meldet sich regelmäßig mit deftigen Kommentaren zur Zuwanderungs- und Sicherheitspolitik. Auch diesmal hat er im Vorfeld für Stimmung gesorgt. "Im Gegensatz zu dem, was die relativistische Theorie der Linken behauptet, sind für uns nicht alle Zivilisationen gleich viel wert", sagte Guéant Anfang der Woche auf dem Kongress der Hochschulvereinigung UNI, die ein Ableger der Regierungspartei UMP ist. Der Coup glückte. Sofort entspann sich ein Streit, bei dem Guéant im Parlament von einem sozialistischen Abgeordneten sogar in die Nähe des Nazi-Regimes gerückt wurde. Das Thema dominierte die Medien über Tage.
Angenehmer Nebeneffekt der Debatte: Die Korruptionsaffäre um Sarkozys ehemaligen Arbeits- und Budgetminister Eric Woerth wird in den Hintergrund gedrängt. Die Justiz leitete am Mittwoch ein Anklageverfahren gegen ihn ein. Dem engen Vertrauten Sarkozys wird vorgeworfen, illegale Bargeldspenden vom ehemaligen Vermögensverwalter der L’Oréal-Erbin Liliane Bettencourt angenommen zu haben.
Sarkozy konnte es sich sogar leisten, beim Thema Atom zu erklären, dass er im Gegensatz zu Hollande beabsichtigt, das als ausrangiert geltende AKW Fessenheim in Betrieb zu lassen. In Frankreich steht die Bevölkerung dem Atomstrom grundsätzlich zwar ohnedies positiv gegenüber, doch mit der Drohung, der Strompreis würde sich ohne Atomkraft verdoppeln, baut der Präsident auch bei diesem Thema schon vor, damit alles schnell und effektiv über die Bühne geht, wenn er offiziell in den Ring steigt.