Rechte verfehlt das Ziel von 400 Sitzen in der Nationalversammlung deutlich. | Linke ist nach Debakel im Aufwind. | Paris. (dpa) Der beeindruckende Höhenflug des Nicolas Sarkozy ist zu Ende, auch wenn ihm kein Absturz folgte. Die Siegesserie im Kampf um Frankreichs Präsidentenamt und Parlament schloss mit einem wenig überzeugenden Erfolg für die Rechte. Dabei hatte der dynamische neue Staatschef sofort im Eiltempo fortfahren, rasch noch ein gutes halbes Dutzend Staatssekretäre ernennen und sich für den EU-Gipfel wappnen wollen.
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Doch die Franzosen bremsen den Sauseschritt ihres Staatschefs ab. Ein Sieg als Warnung. Die Wahlpleite des Alain Juppé zwingt ihn dazu, einen neuen Superminister für Umwelt und Entwicklung zu suchen und die doch erst im Mai ernannte Regierung zu überdenken. Vor allem blieb die erhoffte Zwei-Drittel-Mehrheit für das Reformfeuerwerk aus.
"Ja, aber." Auf diese Kurzformel brachte der Pariser "Figaro" den Willen der Wähler, die Sarkozy keinen politischen Blankoscheck in die Hand geben wollten. Selbstbewusst und siegessicher, so hatte die Rechte das Ziel von 400 Sitzen in der Nationalversammlung ausgegeben. Herausgekommen sind mit 313 für Sarkozys UMP weit weniger als diese 2002 erreichte - nach der Wiederwahl von Präsident Jacques Chirac, des einstigen Rivalen, den Sarkozy jetzt schon nach Wochen im Amt in den Schatten gestellt hatte. Premierminister François Fillon konnte es sich auch in der Wahlnacht nicht verkneifen, erneut gegen Chirac zu sticheln. "Erstmals seit 25 Jahren ist eine Mehrheit wiedergewählt worden." Erst Sarkozy habe das zuvor so misstrauische Volk überzeugt.
Etliche konservative Wähler hatten nach dem ersten Wahldurchgang geglaubt, das Rennen sei bereits gelaufen und ein Riesensieg gesichert. Die extrem niedrige Wahlbeteiligung ging auf Sarkozys Kosten, und die Linke zog überraschend neue Wähler auf sich: Franzosen, die Sorgen haben wegen schwindender Kaufkraft, Steuererhöhungen und der Armut. Franzosen, die das Mehrheitswahlrecht gern abschaffen würden, weil es Vielfalt im Parlament erschwert - Sarkozys Machtfülle sollte Grenzen haben.
Labsal für die Linke
Das Bild der uneinigen und hilflosen Sozialisten schien zumindest am Wahlabend zunächst einmal wie weggewischt. Die traditionsreiche Linke war zuvor doch vor einem Scherbenhaufen gestanden. Nun könnte sie gestärkt die heikle Aufgabe angehen, Wunden zu lecken, die tiefen internen Gräben zuzuschütten und sich zu modernisieren.
Sarkozy und sein Premierminister hatten 50 Tage für Reformen in ihrem Eilprogramm reserviert, das sie jetzt aber umsichtig angehen müssen. So sollten bis Ende Juli gleich vier große Gesetzestexte im Parlament abgestimmt werden - von einem verschärften Strafrecht für Wiederholungstäter bis hin zu einem "Service Minimum" bei Streiks im öffentlichen Verkehr und Entlastungen bei der Erbschaftssteuer.