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Sarkozy setzt sich von de Villepin ab

Von WZ-Korrespondent Christian Giacomuzzi

Europaarchiv

Innenminister sucht nach Szenarien für vorzeitigen Ausstieg. | Paris. Der Block der Regierungsvertreter um Premier Dominique de Villepin (UMP) und seine umstrittene Arbeitsrechtsreform beginnt langsam zu zerbröckeln. Die anhaltenden Proteste gegen die geplante Schwächung des Kündigungsschutzes in Frankreich hat den Innenminister und Chef der Mehrheitspartei "Union für eine Volksbewegung" (UMP), Nicolas Sarkozy, dazu veranlasst, nach Szenarien für einen vorzeitigen Ausstieg aus der Exekutive zu suchen. Er wolle sich "solidarisch, aber verschieden" verstanden wissen, sagte Sarkozy in der jüngsten Nummer des Magazins "Paris Match". Gleichzeitig übte der Innenminister, der als Konkurrent des Premiers bei den kommenden Präsidentenwahlen gilt, aber auch unverhohlene Kritik an Villepins unnachgiebiger Linie.


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#Sarkozy für einen Aufschub der Reform

Nach Angaben der regierungsnahen Tageszeitung "Le Figaro" hat Sarkozy vorgeschlagen, den umstrittenen "Vertrag für die Erstanstellung", der für Mitarbeiter unter 26 Jahren eine zweijährige Probezeit ohne Kündigungsschutz vorsieht, einen Monat lang aufzuschieben, um Anpassungen mit den Sozialpartnern auszuhandeln. Dann erst könne man ihn probeweise für sechs Monate anwenden, um zu sehen, ob er tatsächlich Jobs schafft. Sarkozy fügte als kaum getarnte Drohung hinzu, dass er sich in Bezug auf seine Regierungsbeteiligung frei fühle, wenn man den Vorschlägen kein Gehör schenken solle. Wenn unter Sarkozys engen Mitarbeitern auch kaum jemand an eine unmittelbare Demission des Innenministers glaubt, so scheint ein vorgezogenes Ausscheiden von der Regierung dennoch möglich. Ursprünglich hatte Sarkozy geplant, Ende 2006 oder Anfang 2007 auf das Ministeramt zu verzichten, um sich ganz auf den Präsidentenwahlkampf konzentrieren zu können.

Vorentscheidung für Präsidentenwahl

Sarkozy ist sich wie de Villepin bewusst, dass sich der erste Durchgang im Rennen um den Elysee-Palast bereits jetzt in Bezug auf den Sozialkonflikt um den Kündigungsschutz abspielt. Wenn der Premier nicht siegreich aus dem Kräftemessen mit Gewerkschaften, Studenten und Oppositionsparteien hervorgeht, würde das wohl bedeuten, dass er den Wahlkampf schon vor seinem Beginn verloren hat. Zahlreiche politische Beobachter vermuten, dass de Villepin gerade deshalb um keinen Zoll nachgeben will. Der Innenminister und seine Anhänger interpretieren den Willen ihrer Wähler dagegen in dem Sinn, dass sie eine rasche Lösung des Konflikts anstreben. Gestärkt werden die Anhänger Sarkozys durch die schwere Verletzung eines Gewerkschafters bei Zusammenstößen mit der Einsatzpolizei am vergangenen Samstag.