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Sarkozys eigensinnige Aussenpolitik macht es für die EU nicht leichter

Von Georg Friesenbichler

Analysen

Der Hummersuppe folgten Spargelsalat und Lammschulter, das Dessert zum Abschluss trug den Namen "Das Erbe von Lafayette", um an den französischen General zu erinnern, der im 18. Jahrhundert für die Unabhängigkeit der Vereinigten Staaten gekämpft hatte.


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Auch Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy beschwor im Weißen Haus wie George W. Bush die historische Freundschaft der beiden Staaten und übte indirekt Kritik an seinem Vorgänger Jacques Chirac und dessen scharfem Kurs gegen den Irak-Krieg der USA. Gleichzeitig wandte er sich scharf gegen die Atompolitik des Iran und den hohen Eurokurs - Worte, die dem Gastgeber wie Balsam auf die Wunden erscheinen mussten, die das Versagen seiner Außenpolitik geschlagen hat.

Bush kann von Umfragewerten wie Sarkozy nur träumen. 53 Prozent der Franzosen sind mit ihrem Präsidenten zufrieden. Im August waren allerdings noch 70 Prozent von ihm angetan. Die bevorstehenden Streiks bei der Bahn, bei den Energiekonzernen, von Staatsbediensteten und Justizangestellten lassen Sarkozys Beliebtheit stark schrumpfen. Vor der Reise in die USA wurde der Präsident von bretonischen Fischern wegen hoher Treibstoffpreise ausgepfiffen.

Demgegenüber versucht sich "Speedy Sarko", wie er zuhause wegen des Tempos seiner Reformen genannt wird, in der Außenpolitik zu profilieren. Ein besonderer Schwerpunkt liegt in Afrika. Spektakulär ließ Sarkozy seine mittlerweile geschiedene Frau Cécilia bulgarische Krankenschwestern aus Libyen heimbegleiten und sicherte dafür dem Gaddafi-Regime die Lieferung von Atomtechnologie und Waffen zu. Ehe er sieben verhaftete Franzosen aus dem Tschad holte, vereinbarte er auch mit Marokko Atom-, Bahn- und Waffendeals. In dem nordafrikanischen Land erneuerte Sarkozy zudem seinen Plan einer Mittelmeerunion: Im Juni will er alle Anrainerstaaten des Mittelmeeres nach Frankreich bringen, um den Grundstein für eine EU-ähnliche Zusammenarbeit zu legen.

Auch wenn der Staatschef betont, dass sich diese Idee nicht gegen die von der EU selbst betriebene "Euro-Mediterrane Partnerschaft" richtet, sieht die EU-Kommission Sarkozys Ambitionen mit Misstrauen. Distanziert bemängelt sie im Einklang mit arabischen Politikern, diese Pläne seien zu unkonkret. Auch sonst hat die Union mit dem selbstbewussten und eigensinnigen Auftreten des Franzosen nicht viel Freude, ob es nun um seine Attacken gegen Europas Währungspolitik geht oder um das humanitäre Engagement im Tschad, zu dem er gedrängt hat.

Nur Bush kann sich freuen, dass es das "alte Europa" in dieser Form nicht mehr gibt: Weder Sarkozy noch die demnächst in Paris eintreffende deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel schließen sich den harschen Worten ihrer Vorgänger Chirac und Gerhard Schröder an. Seite 7