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Sarkozys Pressemacht

Von Ulrike Koltermann

Europaarchiv

Enge Kontakte Sarkozys zu Pressemagnaten. | Führungskrise bei Tagblatt "Le Monde". | Paris. (dpa) Frankreichs politische Presse hat derzeit einen schweren Stand: Der Staatspräsident lässt bei seiner ersten Pressekonferenz nach acht Monaten im Amt fast nur handverlesene Journalisten zu Wort kommen und sein Premierminister stellt sich die Fragen der Einfachheit halber gleich selbst.


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Es war vermutlich als Scherz gedacht, dass Francois Fillon wie ein Bauchredner ein Frage-Antwort-Spiel inszenierte. Es zeichnet aber auch ein wenig schmeichelhaftes Bild von der französischen Presse, die sich damit zufrieden gab, dass keine weiteren Fragen zugelassen waren, und am Ende applaudierte.

Französische Journalisten, die den Élysée-Palast im Auge behalten, haben es nicht leicht, Distanz zu wahren. Nicolas Sarkozy duzt viele Korrespondenten und flirtet auch gerne mit Journalistinnen. "Warum fragen mich eigentlich nur Frauen?", bemerkte er mit eitlem Augenaufschlag während seiner Pressekonferenz.

Gesetz zum Quellenschutz

2008 soll es endlich ein Gesetz über den Quellenschutz geben, hat Sarkozy versprochen. In Frankreich hat es mehrfach Durchsuchungen in Redaktionen und Gerichtsverfahren gegen Journalisten gegeben. Das Gesetz schützt Journalisten derzeit nur in Redaktionsräumen, nicht aber in der Privatwohnung.

Mehrere französische Medien gehören Industriellen, mit denen Sarkozy gut befreundet ist. Martin Bouygues, dessen Baukonzern den TV-Sender TF 1 kontrolliert, war Sarkozys Trauzeuge bei dessen Hochzeit mit seiner zweiten Frau Cécilia und ist Taufpate des gemeinsamen Sohnes. Arnaud Lagardère, zu dessen Medienimperium etwa die präsidentenfreundliche Klatsch-Illustrierte "Paris Match" gehört, betrachtet Sarkozy als seinen "Bruder". Lagardère ist derzeit daran interessiert, die Führungskrise der Zeitung "Le Monde" zu nutzen, um seinen Anteil an dem Blatt auszubauen. Dass Journalisten den Einfluss der Industriellen auf die Medien mit Argwohn betrachten, kann Sarkozy nicht nachvollziehen. Journalisten, die Selbstzensur üben, um dem Eigentümer oder den Anzeigenkunden möglicherweise unangenehme Berichte zu ersparen, könnten ihm das vermutlich erklären. In der regierungsnahen konservativen Zeitung "Le Figaro", die dem Rüstungsindustriellen Serge Dassault gehört, sind etwa keine allzu kritischen Hintergrundberichte darüber zu lesen, warum der Dassault-Konzern es nicht schafft, seine Rafale-Kampfflugzeuge im Ausland zu verkaufen.

Die Satirezeitung "Le Canard enchainé" ist eines der wenigen Blätter in Frankreich, die vor - gut recherchierten - Respektlosigkeiten nicht zurückschrecken. Das Motto des Blattes: "Pressefreiheit verschleißt sich, wenn sie nicht genutzt wird."