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Sarrazin muss vor Gericht

Von WZ-Korrespondent Markus Kauffmann

Europaarchiv

SPD-Provokateur der Volksverhetzung beschuldigt. | Berlin. Gleich mehrere Anzeigen wegen Volksverhetzung sind bei der Staatsanwaltschaft eingelangt. Sie richten sich gegen niemand Geringeren als Bundesbank-Vorstand Thilo Sarrazin. Der ehemalige Berliner Finanzsenator und jetzige Banker hatte Mitte Juni erklärt, dass die Deutschen durch die Zuwanderung aus der Türkei, dem Nahen und Fernen Osten sowie aus Afrika "auf natürlichem Wege durchschnittlich dümmer" würden.


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Es gebe "eine unterschiedliche Vermehrung von Bevölkerungsgruppen mit unterschiedlicher Intelligenz". Bereits Monate zuvor wurde er in einem Interview mit "lettre international" deutlich: "Je niedriger die Schicht, desto höher die Geburtenrate. Die Araber und die Türken haben einen zwei bis drei Mal höheren Anteil an Geburten, als es ihrem Bevölkerungsanteil entspricht." Und er ergänzte, die Türken würden Deutschland genauso "erobern", wie die Kosovaren den Kosovo erobert haben - durch eine höhere Geburtenrate.

Migrationsbeauftragte legt Parteiaustritt nahe

Heftige Proteste und Demonstrationen gegen den Dauerprovokateur hatten bereits im März dieses Jahres zu einem Parteiausschlussverfahren geführt. Sarrazin ist nicht etwa Mitglied der NPD, sondern der SPD - nach wie vor, weil das Verfahren lediglich mit der Mahnung endete, er möge sich in Zukunft mit seinen Äußerungen mehr zurückhalten.

"Was Hänschen nicht lernt, scheint auch Thilo nicht zu lernen", meinte der Berliner SPD-Landeschef Michael Müller angesichts der neuerlichen Verbalattacken. Auch die Vorsitzende der Berliner SPD-Arbeitsgemeinschaft Migration, Ülker Radziwill, forderte Sarrazin zum Parteiaustritt auf. Er habe "in menschenverachtender Weise verschiedene Bevölkerungsgruppen" attackiert.

Schon als Finanzsenator des Landes Berlin lieferte der heute 65-Jährige immer wieder Provokationen. Besonders die Unterschichten und die Empfänger staatlicher Leistungen haben es ihm angetan. So beobachtete er bei seinem Amtsantritt 2002: "Nirgendwo schlurfen so viele Menschen in Trainingsanzügen durch die Straßen wie in Berlin." Für Empörung sorgte seine Behauptung, Hartz-IV-Empfänger könnten sich für 4,25 Euro am Tag "vollständig, gesund und wertstoffreich ernähren".

Er müsse auch niemanden anerkennen, "der vom Staat lebt, diesen Staat ablehnt, für die Ausbildung seiner Kinder nicht vernünftig sorgt und ständig neue kleine Kopftuchmädchen produziert", sagte Sarrazin in einem Interview im Oktober 2009.

"Wir tolerieren solche Äußerungen nicht", sagte der Rechtsanwalt Ekrem Özdemir, der sechs von den Berliner Anzeigeerstattern vertritt, am Dienstag. Ob das prominente SPD-Mitglied tatsächlich ein Rassist ist, müssen nun die Gerichte klären.