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SARS -Erfolg für die Medizin, aber noch kein endgültiger Sieg

Von Simone Humml

Politik

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Die Lungenkrankheit SARS hinterlässt auf ihrem wenige Monate dauernden Zug rund um den Globus mehr als 800 Tote. Mehr als 8.400 Menschen galten als SARS-krank oder sind es noch, ein Teil von ihnen hat bleibende Lungenschäden. Zehntausende Menschen mussten tagelang in Quarantäne verharren. Der wirtschaftliche Schaden für die betroffenen Länder umfasst mehrere Milliarden Euro. Das tödliche Virus zwang Musiker, Touristen und Geschäftsleute zu Absagen ihrer Reisen. Und dennoch ist die SARS-Bekämpfung ein in der Geschichte der Medizin beispielloser Erfolg internationaler Zusammenarbeit.

Am Samstag hat die Weltgesundheitsorganisation WHO Taiwan als letztes Land von der Liste der SARS-Infektionsgebiete gestrichen - nur knapp vier Monate nachdem die Organisation zum ersten Mal wegen der Lungenkrankheit Alarm geschlagen hatte. 20 Tage lang wurde weltweit keine Neu-Infektion gemeldet, das ist die doppelte Inkubationszeit.

Von einem endgültigen Sieg über SARS spricht jedoch kein Mediziner. Auch die WHO befürchtet, dass SARS im Herbst wieder ausbrechen kann wie etwa jährlich die Grippe. "Man weiß beispielsweise, dass SARS-Infizierte das Virus über viele, viele Wochen ausscheiden können, auch wenn sie bereits als geheilt gelten und keine Krankheitssymptome mehr zeigen", sagt Virenforscher John Ziebuhr von der Universität Würzburg. Eine neue SARS-Infektionen des Menschen durch Tiere hält er dagegen für weniger wahrscheinlich.

Der zumindest vorläufige Erfolg im Kampf gegen die Lungenkrankheit ist vor allem drei Faktoren zu verdanken: Der erstarkten UN-Organisation WHO, die ohne größere Rücksicht auf politische Eitelkeiten weltweit Alarm schlug und den Kampf gegen SARS antrieb. Den betroffenen Ländern, die - zum Teil nach langem Zögern - ihre Bürger informierten und Zwangsisolierungen durchsetzten. Und nicht zuletzt den Medizinern, die rasch Forschungsergebnisse austauschten und zu ihren wichtigsten Waffen gegen Viren griffen: Fieberthermometer, Mundschutz und Isolierstation.

"Das war eine nie da gewesene konzertierte Aktion der Gesundheitsbehörden und Forschungsinstitute weltweit", sagt Ziebuhr. Noch nie sei ein neuer Erreger bereits zwei Wochen nach Bekanntwerden einer Erkrankung identifiziert und nach weiteren zwei Wochen das Erbgut dieses Erregers vollständig entziffert worden. Viele Forscher stellten ihre Ergebnisse sofort ins Internet, um die Kollegen schnellstmöglich zu informieren. Insgesamt 13 Laboratorien aus aller Welt tauschten täglich auf einer Telefonkonferenz ihre neuesten Ergebnisse aus.

Dabei hatten die Mediziner im Kampf gegen SARS einen langen Vorsprung aufzuholen: Die SARS-Viren vermehrten sich in China bereits seit November ganz im Stillen - und zunächst auch gut geschützt durch die Gesundheitsbeamten. Weltweit verbreitet wurde die Lungenkrankheit erst im Februar von einem Arzt, der nach einer Chinareise bei nur einer Übernachtung in einem Hotel in Hongkong mindestens 16 Menschen infizierte.