Washington - Als die US-Spezialtruppen gemeinsam mit afghanischen Verbündeten Ende 2001 mit B-52-Bombern und schweren Hubschraubern den weitverzweigten Höhlenkomplex von Tora Bora angriffen, glaubten sie Al- Kaida-Führer Osama Bin Laden schon in ihrer Hand. Mit hochempfindlichen Abhöranlagen hatten sie das Satellitentelefon des Terror-Drahtziehers geortet. Trotzdem gelang es Bin Laden, ihnen zu entkommen.
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Die "Washington Post" enthüllte Dienstag unter Berufung auf marokkanische Offiziere den einfachen Trick, mit dem Bin Laden seine amerikanischen Verfolger auf eine falsche Spur gelenkt hat: Er übergab sein Satellitentelefon einfach einem eng vertrauten Leibwächter, dem Marokkaner Abdallah Tabarak und die beiden gingen getrennte Wege.
Die US-Spezialeinheiten, die Bin Laden unter Kontrolle glaubten - Tabarak hatte das Telefon weiter benutzt und die Verfolger auf eine falsche Fährte gelockt - nahmen den Leibwächter zwar fest, wussten aber nach Angaben der "Washington Post" nicht von Anfang an, wen sie gefangen genommen hatten. Während andere höherrangige Al-Kaida-Mitglieder an geheim gehaltenen Orten von CIA-Agenten verhört wurden, kam Tabarak mit Dutzenden anderen Gefangenen auf die US-Basis Guantanamo auf Kuba.
Erst auf Fotos, die die Amerikaner anderen Geheimdiensten zuspielten, wurde Tabarak von marokkanischen Beamten identifiziert. Er weigert sich aber, mit den Amerikanern zusammenzuarbeiten.
Trotz der Isolation, in der die Häftlinge in Guantanamo gehalten werden, ist es Tabarak gelungen, wegen seiner bekannt gewordenen Hilfe für Bin Laden unter den rund 600 Häftlingen zu einer Führungspersönlichkeit zu werden, die tageweise Hungerstreiks organisiert.