Zum Hauptinhalt springen

Saubere Ligen, schmutziger Europacup Gewalt von Fußball-Fans nimmt zu

Von Simon Rosner

Analysen

Hunderte Kilometer liegen zwischen Rom und Sevilla, und doch glichen einander jene Bilder, die am Mittwoch und Donnerstag über die Agenturen in die Welt geschickt wurden. Auf ihnen waren wild gestikulierende, um sich schlagende Menschen zu sehen, und Polizisten, die mit Schlagstöcken darauf antworten.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 18 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Innerhalb von nur 24 Stunden waren Fans der englischen Klubs Manchester und Tottenham in schwere Ausschreitungen bei Europacup-Spielen in Rom und Sevilla verwickeln. Sie lieferten sich Schlachten mit der Exekutive, die in der Wahl ihrer Mittel in beiden Fällen nicht zimperlich war.

Der gewalttätige Trend bei internationalen Klub-Spielen ist nicht zu übersehen. Erst im Dezember kam es bei der Uefa-Cup-Begegnung zwischen Feyenoord Rotterdam und Nancy zu schweren Krawallen, die einen Ausschluss der Niederländer aus dem laufenden Bewerb zur Folge hatten. Wenige Wochen zuvor wurde in Paris ein Fan des französischen Klubs PSG nach einem Spiel gegen Hapoel Tel Aviv von einem Polizisten in Notwehr erschossen.

Dabei wird eines augenscheinlich. Ausschreitungen zwischen rivalisierenden Fangruppen werden seltener, die Gewalt der Hooligans richtet sich, wie auch in Österreich zu beobachten ist, vermehrt gegen die Polizei. Das lässt auch den Schluss zu, dass die Gründe für die Gewaltbereitschaft nicht primär - und wie früher oft behauptet - im Kampf- und Emotionssport Fußball begraben liegen. Vielmehr sind die Ursachen in gesellschaftlichen Problemen zu suchen. Die Polizei als greifbarer Vertreter der Staatsmacht eignet sich da als Gegner besser als gegnerische Fans mit ähnlichen Problemen.

Nicht zuletzt deshalb fordert die Uefa auch ein behutsames Vorgehen der Polizei. In Rom war dies nicht der Fall. Dazu kam ein weiteres Problem: In Italien ist ausschließlich die Exekutive für die Sicherheit zuständig, in England sorgen dafür längst neutrale Ordner. Diese treten weit weniger martialisch auf und sind in der Regel auch gut ausgebildet.

Warum gerade im Europacup die Fangewalt von neuem aufflammt, hat aber auch zwei andere Gründe. Erstens wurde in England die Gewalt mit infrastrukturellen Maßnahmen (Sitzplätze, Kameraüberwachung), hohen Strafen und einer geänderten Preispolitik aus den Stadien der Premier League verbannt. Allerdings wurde der Hooliganismus damit nicht abgeschafft, und so zeigt er sich, wenn er die Chance dazu hat, wie eben bei Auswärtsspielen im Europacup der Fall.

Zweitens ist die Arbeit und eine gezielte Kommunikation mit Fußballfans die beste Prävention. Das funktioniert in den nationalen Ligen, nicht aber im Europacup, wo Polizisten und Fans oft nicht die gleiche Sprache sprechen.

Deshalb werden bei der Euro 08 auch Polizisten anderer Länder in Österreich Dienst versehen. Szenen wie in Rom und Sevilla sind im kommenden Jahr aber ohnehin nicht zu erwarten, da eine EM völlig andere Fan-Schichten anspricht. Denn Fußball ist nicht immer gleich Fußball.