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Riad hat Rückendeckung der USA, Teheran setzt auf Hamas und Hisbollah.
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Teheran/Riad/Wien. Die Konflikte zwischen Sunniten und Schiiten im Nahen und Mittleren Osten werden vor allem von zwei Regierungen gesteuert: von den Führungszentralen in Saudi-Arabien (Sunniten) und im Iran (Schiiten).
Die Gewichtung der geostrategischen Bedeutung für den jeweiligen Block lässt sich anhand der Ereignisse rund um den Arabischen Frühling sehr gut nachvollziehen. Ein Beispiel: Als im März 2011 die Proteste im wohlhabenden Inselstaat Bahrain zu einer bedrohlichen Gefahr für die Herrscherfamilie zu werden drohten, rief König Hamad bin Isa al-Chalifa unverzüglich Truppen des Golfkooperationsrats (GCC) zu Hilfe. Prompt marschierten Truppen aus Saudi-Arabien und aus den Vereinigten Arabischen Emiraten in dem kleinen Inselstaat ein, um dort die Regierungstruppen, die die Proteste mit teils brutaler Gewalt niederschlugen, zu unterstützen.
In Syrien erleben wir das Gegenteil: Dort unterstützen Saudi-Arabien, Katar und die übrigen Golfstaaten die Opposition im Kampf gegen das Regime von Bashar al-Assad.
Dieser auf den ersten Blick scheinbare Widerspruch ist leicht erklärt: In Syrien und in Bahrain geht es nämlich nicht mehr nur um "herkömmliche" Auseinandersetzung von Protestbewegungen mit ihren diktatorischen Regierungen, wie dies etwa in Ägypten, in Tunesien oder in Libyen der Fall war, sondern vorwiegend um den seit 33 Jahren andauernden Machtkampf zwischen Saudi-Arabien und Iran.
Saudi-Arabien bekämpft syrisches Regime
Beide Regionalmächte beanspruchen die Vorherrschaft in der Region für sich. Während Saudi-Arabien sich Rückendeckung aus Washington holt, bedient sich der Iran eher seinen Unterstützergruppierungen Hamas und Hisbollah.
So kommt es, dass Riad mit dem Regime vom syrischen Machthaber Bashar al-Assad einen wichtigen iranischen Verbündeten bekämpft und der bahrainischen Opposition vorwirft, von Teheran unterstützt zu werden. Dabei wird die saudische Führung rund um den 87-jährigen Monarchen Abdullah nicht nur von machtpolitischen, sondern auch von religiös-ideologischen Erwägungen geleitet. Denn sie sieht die bahrainischen und die arabischen Schiiten schon aufgrund der gemeinsamen Konfession als "fünfte Kolonne" der ebenfalls schiitischen Islamischen Republik.
Das Credo dieser Politik ist laut Beobachtern leicht erklärt: Die Sunniten sind in der Mehrzahl in der Region, der Iran hat zudem ein ohnehin zwielichtiges Atomprogramm, also darf der schiitische Gottesstaat keinesfalls zu mächtig werden. Zur Not muss man dieses Credo auch der Moslembruderschaft in Ägypten, aber auch den mit dem Iran eher befreundeten Türken zu verstehen geben. Ein sunnitisches Dreieck als Parallele zum schiitischen Halbmond ist die Folge.
Lösung des Konflikts scheint unmöglich
Aufgrund der konfessionellen Gemengelage sind die Anrainerstaaten des Persischen Golfs heute das Epizentrum des Konflikts zwischen Sunniten und Schiiten. Hier begegnen sich tagtäglich der Antischiismus des saudischen Königshauses, der Wunsch nach Macht der größten schiitischen Gemeinden der arabischen Welt und das iranische Streben nach einer regionalen Vormachtstellung.
Die daraus resultierenden Auseinandersetzungen mögen nur zum Teil religiös motiviert sein, doch werden sie immer häufiger konfessionell interpretiert, was den Konflikt verschärft und Lösungen fast unmöglich macht. Während der Irak seit 2003 im Mittelpunkt stand, hat sich das Geschehen 2011 nach Bahrain und nach Syrien verlagert.