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Saudis wollen im Libanon vermitteln

Von WZ-Korrespondent Markus Bickel

Politik

Hisbollah hält Mittlerrolle Riads für sinnvoll. | Saudi-Arabien ist größter Geldgeber für den Wiederaufbau im Libanon. | Beirut. Der frühere libanesische Premierminister war voll des Lobes über seine königlichen Gastgeber. "Ich glaube, dass Saudi-Arabien heute eine ähnlich wichtige Rolle einnimmt wie bei der Beendigung des Bürgerkrieges", sagte Salim Hoss nach seiner Rückkehr aus Riad nach Beirut vergangene Woche. 1989 hatte das sunnitisch-wahabitische Königshaus die zerstrittenen libanesischen Warlords ins saudi-arabische Taif geladen, wo sie sich nach fast 15 Jahren Krieg auf einen Waffenstillstand und eine neue Verfassung einigten.


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#Libanesen setzen auf Hilfe aus Riad

Knapp zwei Jahrzehnte später steckt der kleine Mittelmeeranrainer erneut in einer tiefen Krise - und wieder setzten die wichtigsten libanesischen Akteure bei der Suche nach Auswegen auf saudi-arabische Unterstützung.

Selbst Angehörige der schiitischen, von Saudi-Arabiens regionalem Konkurrenten Iran unterstützten Hisbollah von Generalsekretär Hassan Nasrallah halten eine Mittlerrolle des wichtigsten sunnitischen Staates der Region für sinnvoll. Und das, obwohl der Konflikt zwischen der Regierung von Premierminister Fouad Siniora und der Hisbollah-geführten Opposition immer stärker konfessionelle Züge aufweist.

Saudis springen für die Amerikaner ein

Dass der streng sunnitische König Abdullah sich dennoch für einen Kompromiss einsetzt, hängt mit dem Scheitern der US-amerikanischen Nahostpolitik zusammen, glaubt Paul Salem, Direktor des Nahostbüros der Carnegie Endowment for International Peace in Beirut. "Riad nimmt in dem Konflikt eine sehr kluge Vermittlerrolle ein, die eigentlich Washington hätte übernehmen können", sagt Salem. Statt wie früher hinter den Kulissen die Fäden zu ziehen, dränge König Abdullah auf eine diplomatische Führungsrolle, unabhängig von den USA: Die in Mekka erzielte Einigung zwischen Hamas und Fatah diene dabei als Blaupause für einen Kompromiss auch im libanesischen Konflikt.

Angesichts des Krieges im Irak und der Gefahr eines Angriffes der USA auf den Iran liegen die Interessen der Führung in Riad auf der Hand: Ruhe und Stabilität. Denn würde der schiitisch-sunnitische Konflikt im Zedernstaat weiter eskalieren, ließe sich ein Aufbegehren der schiitischen Minderheit im Osten des eigenen Landes und anderen Golf-Staaten nicht mehr ausschließen. "Alles, was Saudi-Arabien vom Libanon verlangt, ist, keine weiteren Kopfschmerzen zu bereiten", sagt Ramzi el-Hafez, Chefredakteur von "Lebanon Opportunities", dem wichtigsten Wirtschaftsmagazin des Viermillioneneinwohnerlandes.

Das lässt sich der schon seit den 1940er Jahren eng mit dem Libanon verbundene Wüstenstaat einiges kosten. Eine Milliarde US-Dollar überwies Saudi-Arabien unmittelbar nach Beginn des Krieges zwischen Israel und der Hisbollah im Juli vergangenen Jahres an die libanesische Nationalbank, um das libanesische Pfund zu stützen. Bei der internationalen Hilfskonferenz in Paris im Januar war die Wahabiten-Monarchie mit 1,1 Milliarden US-Dollar der größte Geber. Vier Jahre zuvor hatte Saudi-Arabien dem Land mit einem 700-Millionen-Kredit unter die Arme gegriffen.

"Saudi-arabische Investoren haben ein großes Interesse, weiter im Libanon zu investieren", sagt el-Hafez. "Durch die Präsenz libanesischer Fachkräfte in Saudi-Arabien sind zudem viele Joint Ventures entstanden, die für eine enge Verflechtung sorgen."

Vor allem auf dem Bausektor sind saudi-arabische Geschäftsleute im Libanon aktiv. Darüber hinaus verbringen rund hundert Saudi-Prinzen mehr als ein Drittel des Jahres in Beirut oder den kühlen Sommerfrischen oberhalb der libanesischen Hauptstadt. Grund genug, zu Stabilität in dem wegen seines florierenden Bankenwesens vor dem Bürgerkrieg als "Schweiz des Nahen Ostens" gepriesenen Krisenstaat beizutragen.

Flächenbrand in der Region verhindern

"Die Saudis werden alles tun, um einen schiitisch-sunnitischen Flächenbrand in der Region zu verhindern", sagt Marwan Iskandar, langjähriger Berater des im Februar 2005 ermordeten Expremierministers Rafik Hariri. Hariri selbst hatte 1989 im Auftrag des Königshauses die wichtigsten libanesischen Konfliktparteien zur Teilnahme an der Friedenskonferenz in Taif bewegt - eine Rolle, für die der wegen seiner Wiederaufbauprojekte als "Mr. Lebanon" gepriesene Multimilliardär prädestiniert war: In den 1970er Jahren stieg der Sunnit zum führenden Bauunternehmer in Saudi-Arabien auf, seine engen Beziehungen zum Königshaus bescherten ihm sogar die saudi-arabische Staatsbürgerschaft.

Aber nicht nur gute Kontakte zu seinen sunnitischen Partnern waren Hariri wichtig - auch mit Nasrallah traf er sich regelmäßig. Ein Rezept, auf das man auch in Riad zu setzen scheint: Während die US-Regierung die Hisbollah lediglich als Marionette des iranischen Regimes in Teheran betrachtet, setzt König Abdullah auf direkte Gespräche mit dem Iran ebenso wie auf Einbindung der "Partei Gottes". Das Treffen mit Irans Präsident Mahmoud Ahmadinejad ist der Ausdruck dieser Entwicklung. Bis zum Arabischen Gipfel Ende März in Riad hoffen die königlichen Vermittler, auch den innerlibanesischen Konflikt beizulegen.