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Saulus oder Paulus in der Finanzaffäre

Von Clemens Neuhold

Politik

Experten fragen sich, warum Chef der Beamtin nicht suspendiert wurde.


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Wien. Eine Schlüsselrolle in der Finanzaffäre spielt der Leiter der Salzburger Finanzabteilung, Eduard Paulus. Er war der direkte Vorgesetzte der Finanzreferentin, die den Finanz-Super-GAU angerichtet haben soll. Paulus wird der ÖVP zugerechnet, was nun ein heftiges politisches Tauziehen um die Verantwortlichkeit zur Folge hat (siehe oben).

Die "Wiener Zeitung" hat sich die Verantwortung von Beamten in solchen Fällen angesehen. Ein Verwaltungsexperte, der anonym bleiben will, sagt dazu: "Es ist seltsam, dass Paulus nicht sofort suspendiert wurde."

Peter Bußjäger, Leiter des Instituts für Verwaltungsforschung, der sich zum konkreten Fall nicht äußern will, meint: "Eine Suspendierung ist eine vorläufige Maßnahme und kommt einer Beurlaubung gleich. Der Beamte ist vom Dienst freigestellt und bekommt reduzierte Bezüge." Für eine Suspendierung wäre ÖVP-Landesrat Sepp Eisl zuständig, sagt der Sprecher von Burgstaller.

"Komfortables Dienstrecht"

Der nächste Schritt nach einer Suspendierung ist ein Disziplinarverfahren, wenn sich Vorwürfe bestätigen. Das Verfahren könne aber auch sofort starten, um die Aufklärung zu beschleunigen. Ein Disziplinarverfahren könne zur Versetzung, Rückstufung im Rang oder im Extremfall zur Entlassung führen. "Generell ist hier das Beamtendienstrecht für pragmatisierte Beamte sehr komfortabel." Zum äußersten käme es sehr selten. Ein Dienststrafverfahren durch die Disziplinarbehörde könne auch im Fall der Verletzung der Kontrollpflicht eingeleitet werden. Hat Paulus also seine Kontrollpflicht verletzt?

Der oberste Beamte der Republik, Manfred Matzka, Leiter des Bundeskanzleramtes, will zum konkreten Fall nichts sagen. Generell meint er zur Verantwortung der Beamten: "Jeder Abteilungsleiter ist verantwortlich dafür, was in seinem Referat passiert. Er kann jeden Akt an sich ziehen. Er kann nicht jede Rechnung kontrollieren, muss aber eine Risikoanalyse und einen Kontrollmechanismus einsetzen."

Nach modernen Managementmethoden, die in der Verwaltung mittlerweile üblich seien, würde alles stichprobenartig kontrolliert. Völlig unklar ist Matzka, wie das "Vier-Augen-Prinzip" bei den Finanzgeschäften angeblich ausgeschaltet wurde. "Ich verstehe das nicht, wo waren die anderen zwei Augen?" Das Prinzip sei eigentlich "unfälschbar", eine einfache Unterschriftenfälschung genüge in der Regel nicht.

"Beamtin unschuldig"

Unterdessen sagt der Anwalt der mittlerweile entlassenen Salzburger Finanzbeamtin, Herbert Hübel: "Meine Mandantin ist zu 100 Prozent unschuldig. Sie hatte für alle ihre Geldgeschäfte Vollmachten seitens ihrer Vorgesetzten in der Finanzabteilung des Landes. Ich rechne nicht einmal mit einer Anklage." Von persönlicher Bereicherung könne keine Rede sein.