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Sawiris statt Holdenhurst

Von Christian Ortner

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Christian Ortner.

Parteien haben ganz offensichtlich ihren Einfluss auf die Telekom grob zu ihrem Vorteil missbraucht. Das ist kein Zufall, sondern hat System.


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In verstaatlichten Telefonkonzernen rund um den Globus, behauptete jüngst (in einem "News"-Interview) der ägyptischen Telekom-Austria-Großaktionär Naguib Sawiris, beobachte er regelmäßig drei Phänomene: "Korruption, Unfähigkeit, und sie agieren zu langsam. Der Staat ist normalerweise nirgends ein guter Manager. Denn niemand wirbelt Staub auf, es passiert nichts, und alle machen weiter wie bisher."

Wie zum Beleg dieser These wurden zeitgleich mit dem Erscheinen des Interviews neue aparte Details über den Korruptionssumpf in jenem Milliarden-Konzern ruchbar, an dem Sawiris beteiligt ist und dessen Mehrheit er übernehmen will.

So tauchte da ein Vertragsentwurf auf, demzufolge die teilverstaatlichte Telekom-Gruppe 2007 für recht allgemein gehaltene Beratungsleistungen bescheidene 200.000 Euro pro Monat an eine in Zypern domizilierte Firmengruppe namens "Holdenhurst" zahlen sollte. Zahlungsgrund: unbekannt. Tatsächliche Empfänger: unbekannt. Geruch: eher streng.

Man kann natürlich für bloßen Zufall halten, dass derartiger Unterschleif dort, wo der Staat Miteigentümer von Industriekonzernen oder Telekomriesen ist, nicht eben schlecht gedeiht. Man kann auch für Zufall halten, dass besonders die Geschichte der verstaatlichten Industrie Österreichs von den Voest-Skandalen der 1980er bis zur aktuellen Telekom-Affäre immer auch eine Geschichte des Missbrauchs von Unternehmen durch ihre politischen Eigentümer aller Couleurs zu deren Nutzen war.

Es ist bloß nicht sehr vernünftig, daran zu glauben. Naheliegender ist, dass der Ägypter einfach recht hat. Und zwar aus einem einfachen Grund: Weil Manager der Telekom oder anderer Staatskolosse immer im Hinterkopf haben, dass die Politiker über ihre Vorstandsverträge sowie deren Dotierung und Verlängerung entscheiden. In einer derartigen Konstellation unanständige Begehrlichkeiten der Politik - wie sie in der Affäre Telekom nun ruchbar geworden sind - abzuweisen, erfordert regelmäßig mehr Todessehnsucht, als handelsüblichen Managern zur Verfügung steht.

Zu lösen ist dieses Problem deshalb elegant nur dadurch, dass sich der Staat derartiger Beteiligungen an Industrieriesen entäußert; samt der dann überflüssigen ÖIAG. Alles andere wird nicht funktionieren.

Besonders amüsant mutet in diesem Kontext an, dass die Regierung erst unlängst und in großer Hast ein (legistisch dementsprechend bresthaftes) Gesetz beschlossen hat, demzufolge maßgebliche Beteiligungen ausländischer Investoren aus einem Nicht-EU-Land an strategisch wichtigen Unternehmen - wie etwa der OMV oder eben auch der Telekom - von der Regierung untersagt werden können.

Begründet wird die Notwendigkeit eines derartigen Veto-Rechts mit dem Argument, die feindliche Übernahme derartiger Unternehmen gegebenenfalls aus Gründen einer - nicht näher bezeichneten Staatsraison - verhindern zu müssen. Als ob das, jedenfalls im Vergleich zum jetzigen Hauptaktionär, in der aktuellen Situation nicht das Beste wäre, was der gebeutelten Telekom passieren könnte.