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Schacher um Kandidaten wie in der Fußballwelt

Von Rainer Mayerhofer

Politik

Rom - Im Kampf um die Kandidatenlisten für die am 13. Mai stattfindenden italienischen Parlamentswahlen herrsche die gleiche Mobilität wie in der Fußballwelt, polemisierte der christdemokratische Senatspräsident Nicola Mancino angesichts des Gerangels um die besten Startplätze. Um die 315 Sitze im Senat und die 630 Abgeordnetensitze bewerben sich diesmal nicht weniger als 186 verschiedene Wahllisten, von denen aber nur ein geringer Teil eine echte Chance hat, tatsächlich gewählt zu werden.


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Drei Viertel der Abgeordneten werden nach dem Mehrheitswahlrecht gewählt. Die restlichen 25 Prozent geben aber Splitterparteien die Chance, einen der ihren in das Abgeordnetenhaus zu bringen und dort die Mehrheitsbildung zu erschweren, die man mit der Änderung des Wahlrechts in den Neunzigerjahren eigentlich erleichtern wollte.

Hatten bei den letzten Wahlen noch die Symbole aus dem Pflanzenreich auf den Wahlzetteln überwogen, so wird diesmal die Tierwelt die Stimmzettel prägen. Nach dem Vorbild der amerikanischen Demokraten wird ein Seitenhiebe austeilendes Eselchen um Stimmen für die von EU-Kommissionspräsident Romano Prodi gegründete Partei der Demokraten werben. Der frühere Starermittler Antonio di Pietro buhlt mit einem Delfin als Parteisymbol für seine Bewegung "Italien der Werte" um Stimmen. Die Liga Veneta tritt mit dem geflügelten Markuslöwen an. Die aus Bauernprotesten bekannte Kuh Ercolina rollt ihre Augen für die Bauernbewegung "Landwirtschaft, Umwelt Erde" und zusätzlich werben noch andere Vertreter des Tierreichs, vom Schmetterling bis zum Elefanten um die Stimmen der Wahlberechtigten.

Erstmals tritt auch die italienische "Haider-Partei" (Partito liberalpopulare) an, die vor allem in Friaul auf Zuspruch hofft.

Bei soviel Wettbewerb haben es die Kandidaten trotzdem schwer, gute Listenplätze zu bekommen und im Gerangel innerhalb der Parteiallianzen gab es bereits zahlreiche prominente Opfer. Auf Berlusconis Listen war kein Platz für die ehemaligen sozialistischen Minister für Justiz und Äußeres, Claudio Martelli und Gianni De Michelis und den ehemaligen christdemokratischen Minister Calogero Mannino.

Noch umfangreicher ist die Liste derer, die nicht mehr auf den Listen des Mitte-Links-Bündnisses Ulivo aufscheinen. Prominentestes Opfer ist hier der ehemalige Premier und Parteichef der Christdemokraten, Ciriaco De Mita, der nicht den gewünschten Wahlkreis erhielt und sich schmollend ganz zurückzog. Nicht viel besser ging es Gesundheitsstaatssekretärin Ombretta Funagalli Carulli, für die nur ein unsicherer Wahlkreis in Brescia zur Verfügung gestanden wäre.

Ausscheiden werden auch der Fraktionschef der Volkspartei, Leopoldo Elia und seine Parteikollegen Emilio Colombo und Francesco Merloni, mehrfache Ex-Minister, die seit Jahrzehnten im Parlament saßen. Bei den Grünen wird Ex-Minister Edo Ronchi nicht mehr dabei sein.

Auch für den ehemaligen Senatspräsidenten Carlo Scognamiglio war kein Platz mehr auf den Ulivo-Listen. Er wechselt deshalb zum zweitenmal in ein anderes Lager. 1994 war er noch in Berlusconis Lager, 1996 wechselte er in die Reihen Prodis und nun wird er bei der neugegründeten Zentrumspartei antreten, mit der auch Emilio Colombo über einen guten Listenplatz verhandelt.