Zum Hauptinhalt springen

Schachteln statt Zeitungen

Von Monika Jonasch

Wirtschaft

Österreichs Papierindustrie ist im Umbruch, ihre hohen Energie- und Rohstoffkosten kann sie kaum weitergeben.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 1 Jahr in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Eine industrielle Produktion, die ebenso energieintensiv wie abhängig von mittlerweile sehr teuren Rohstoffen ist, hat es derzeit nicht leicht. Österreichs Papiererzeuger kämpfen daher nicht erst seit Ausbruch des Ukraine-Krieges mit steigenden Kosten. Auch die Corona-Lockdowns, samt dem oft gerühmten Digitalisierungsschub, haben den klassischen Absatzmärkten der Branche zugesetzt: 2022 wurde um 16 Prozent weniger Papier für Druckprodukte wie Zeitungen, Zeitschriften, Prospekte und Bürobedarf als noch 2021 benötigt.

Anders sah es im Verpackungsbereich aus, wo sich der boomende Versandhandel, der Schwenk des Lebensmittelhandels zu mehr Papierschachteln sowie die EU-Verpackungsverordnung leicht stabilisierend auswirkten. Hier erwartet man sich auch für die Zukunft deutlich positive Entwicklungen. Daher wird der Anteil an Verpackungspapieren seit Jahren erhöht, daher satteln etwa die Werke in Laakirchen und Steyrermühl bis 2025 von Zeitungs- und Magazinpapier auf Wellpappe und Sackpapier um.

"Papier statt Plastik" ist jedoch nur ein oberflächliches Argument für diese Entwicklung. Hauptsächlich kommt den heimischen Papiererzeugern hier ihre Innovationsfreudigkeit zugute. Denn gefragt ist, derzeit wie künftig, wiederverwendbares und recyclingfähiges, wenn nicht sogar kompostierbares Verpackungsmaterial. Und genau in diese Felder hat die Branche jahrelang viel in Sachen Forschung und Entwicklung investiert.

23 Prozent weniger CO2-Emissionen

"Wir haben jetzt bereits die EU-Recyclingziele erreicht", berichtete Austropapier-Geschäftsführerin Sigrid Eckhardt stolz bei der Jahrespressekonferenz des Branchenverbandes am Dienstag. "Wir sehen uns als Vorreiter von Dekarbonisierung und Kreislaufwirtschaft." Die diesbezüglichen Anstrengungen, in Zahlen gegossen, können sich sehen lassen: 2022 investierte die Branche in Österreich rund 35 Prozent mehr in Qualität, Effizienz und Umweltschutz, steigerte den Anteil an erneuerbaren Energieträgern auf 64 Prozent und erzeugte etwa 23 Prozent weniger CO2-Emissionen.

Die gleichzeitig massiv, um bis zu 30 Prozent, gestiegenen Kosten wirkten sich allerdings auf den Umsatz der Papiererzeuger aus. Dieser stieg vergangenes Jahr um 34 Prozent auf 5,5 Milliarden Euro, was jedoch nicht höheren Produktionsmengen, sondern eben hauptsächlich explodierenden Energiepreisen sowie generell der Inflation geschuldet war. Betrug der Durchschnittspreis einer Tonne Papier Anfang 2022 noch 930 Euro, so legte dieser bis Jahresende 2022 um 250 Euro zu. Dies konnte allerdings nicht in vollem Umfang an die Kunden weitergegeben werden, wie Austropapier-Präsident Martin Zahlbruckner ausführt.

Auch die Maschinenauslastung der Industrie ging im Vorjahr zurück, von über 92 auf 87 Prozent. "Für eine kapitalintensive Branche wie die Papierindustrie sind Belegungen unter 92 oder 90 Prozent eine Belastung und betriebswirtschaftlich langfristig ein Problem", konstatiert der gerade veröffentlichte Jahresbericht der Branche dazu trocken. Die Papierproduktion lag in Österreich 2022 insgesamt bei 4,6 Millionen Tonnen und musste damit gegenüber dem Vorjahr Einbußen von 8,5 Prozent hinnehmen.

Wettbewerb am Weltmarkt und in der EU

Da die heimische Papierindustrie hochgradig exportorientiert ist, fast 90 Prozent ihrer Produkte werden ins Ausland verkauft, muss sie sich jedoch am Weltmarkt behaupten. Dabei wirken sich die ungleichen Wettbewerbsbedingungen hinsichtlich der Energiekosten, insbesondere im Vergleich zu asiatischen Produzenten, allerdings belastend aus. Aber auch innerhalb Europas herrschen unterschiedliche Rahmenbedingungen: "Österreichische Unternehmen haben 2022 aufgrund der Trennung der Strompreiszone von Deutschland im Jahresmittel bis zu zehn Prozent höhere Stromkosten als ihre deutschen Konkurrenten gezahlt. In den skandinavischen Ländern waren die Energiekosten bis zu zehnmal niedriger als in Österreich", so Austropapier-Energiesprecher Ernst Spitzbart. Er weist auf einen "massiven Standortwettbewerb" hin und fordert mehr fairen Wettbewerb innerhalb der EU. Besonders hinsichtlich der Strompreis-Kompensation orten die Branchenvertreter in Österreich massive Wettbewerbsnachteile. Immerhin erwirtschaften die 23 Austropapier-Mitglieder mit ihren 7.000 Beschäftigten österreichweit für jeden Euro weitere 1,17 Euro Wertschöpfung und sorgen für rund 23.700 weitere Arbeitsplätze entlang der Wertschöpfungskette, gibt Herwig Schneider vom Industriewirtschaftlichen Institut (IWI) zu bedenken.