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Fast nirgends in Europa zahlen die Bezieher niedrigerer Einkommen so hohe Steuern und Abgaben wie in Österreich. Dank Hypo wird das wohl so bleiben.
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Um zu glauben, dass der Schadensfall Hypo tatsächlich nicht zu neuen und oder höheren Steuern führt, wie uns das die Regierung suggeriert, braucht man als leidgeprüfter Steuerzahler ein ziemlich üppig dimensioniertes Maß an Optimismus, um nicht zu sagen Naivität. Zu befürchten ist angesichts der absehbaren Schadenshöhe, dass sowohl höhere Steuern als auch höhere Schulden zu Bedeckung der Hypo-Hinterlassenschaft nötig sein werden, da die einzige vernünftige Alternative - Kärnten als Verursacher des Debakels an Slowenien zu verkaufen - wohl an Sloweniens leeren Staatskassen scheitern wird.
Zu befürchten ist vor allem auch, dass jene Steuerreform zur Entlastung von Arbeitseinkommen, die nahezu alle Parteien als Notwendigkeit erachten, zum Kollateralschaden der Bankenpleite wird. Wie gleichzeitig der Multimilliardenbetrag für die Bank gestemmt werden soll, die Staatsschulden von demnächst vermutlich 85 Prozent des BIP in Richtung 60 Prozent verringert und Steuern substanziell gesenkt werden können, erschließt sich auch dem wohlmeinenden Betrachter nicht wirklich.
Damit wird auch ein Problem weiter seiner Lösung harren, auf das just der wirtschaftsliberale Think-Tank "pro Marktwirtschaft" hingewiesen hat: In Österreich werden schon sehr bescheidene Arbeitseinkommen viel zu hoch besteuert. Denn wer hierzulande den höchst überschaubaren Betrag von 1191 Euro brutto (14 Mal pro Jahr) oder etwas mehr verdient, darf von jedem zusätzlich verdienten Euro stolze 41,3 Prozent an den Fiskus und die Sozialversicherung abführen. Rechnet man korrekterweise den Arbeitgeberbeitrag zur Sozialversicherung und andere verdeckte Abgaben dazu, beträgt die Belastung dieses schlechtverdienenden Menschen gar astronomische 55,2 Prozent. Das ist, je nach Berechnungsmethode, der höchste oder zweithöchste Eingangssteuersatz in der ganzen EU.
Das ist nicht nur für die Betroffenen eine durch nichts, und zwar wirklich nichts zu begründende fiskalische Zumutung. Das ist vor allem auch eine wirksame Methode, arbeitswillige, aber schlecht qualifizierte Menschen aus dem Arbeitsmarkt zu drängen. Denn da Bezüge unter den 1191 Euro nur geringfügig (mit rund 15 Prozent) belastet werden, wird in diesem Niedriglohn-Segment zusätzliche Arbeit vom Staat bestraft. Die Folge: Eine Kombination von niedrigem Lohn plus Pfusch, Teilzeitarbeit oder Arbeitslosengeld ist deutlich attraktiver als ein Schritt nach oben im Arbeitsmarkt.
Indem er so niedrige Einkommen so hoch besteuert, verhindert der Staat also das Entstehen höherwertiger Jobs und leistet einen Beitrag zum weiteren Anstieg der ohnehin schon etwas unbefriedigend hohen Arbeitslosenrate (die noch dazu, im Gegensatz etwa zu Deutschland, kontinuierlich steigt).
Das Problem ließe sich leicht lösen, indem die Steuerlast niedrigerer Einkommen nicht schlagartig auf 41,3 Prozent steigt, sondern in einer sanften Kurve nach oben ansteigt. Einziger Nachteil: Das kostet relativ viel Geld, das der Staat dank Hypo weniger denn je zuvor hat. Aber vielleicht gelingt es ja doch noch, Kärnten an Slowenien zu verkaufen.
ortner@wienerzeitung.at