Portugal beschließt Rettungspaket für die Banco Espirito Santo. Für die Gründerfamilie geht damit eine Ära zu Ende.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 10 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Lissabon. Die Gründerfamilie des größten privaten Geldhauses Portugals hat viel von ihrem Glanz verloren. Wie Dominosteine fielen die an der Banco Espirito Santo (BES) beteiligten Firmen eine nach der anderen und ließen die Hoffnung auf eine private Auffanglösung für die Bank platzen wie eine Seifenblase.
Mit dem Niedergang der BES verlieren auch die Eigentümer ein wenig das Geheimnisvolle. Hatte die seit mehr als einem Jahrhundert unternehmerisch tätige Dynastie für lange Zeit die Öffentlichkeit gescheut, so wurde sie nun mit einem Mal in helles Scheinwerferlicht getaucht. Seit Jahren hatten die Top-Listen mit den reichsten Portugiesen ausgesehen wie ein Stammbaum der Espirito-Santo-Familie. Was nicht dem Staat gehört, das gehört Espirito Santo, hieß es für lange Zeit in Portugal. Sie besitzen Hotelketten, Soja-Farmen, Immobilien, Versicherungsfirmen, private Spitäler und Windparks. Doch nun, da das Prunkstück des Firmennetzes, die Banco Espirito Santo gescheitert ist, gerät auch der Rest des Konzerns ins Taumeln. Der Verlust des Geldhauses belief sich zuletzt auf 3,6 Milliarden Euro. Mehrere andere Unternehmen des Firmenkomplexes sind insolvent. Gedemütigt mussten Familienmitglieder ihre einflussreichen Posten räumen, allen voran der Enkel des Firmengründers Ricardo Salgado, der vergangene Woche vorübergehend festgenommen worden war. Gegen den 70-jährigen Patriarchen, den man den "letzten Bankier" nennt, besteht Verdacht wegen Steuerhinterziehung und Geldwäsche.
Die portugiesische Zentralbank beginnt unterdessen mit Schadensbegrenzung. Chef Carlos Costa kündigte bei einer nächtlichen Pressekonferenz in der Nacht auf Montag an, dass man die marode BES spalten wolle, in einen "guten" Teil und eine sogenannte "Bad Bank". Der gesündere Teil der Bank solle dann eine 4,9-Milliarden-Euro-Finanzspritze erhalten.
Die Maßnahme ist ein Rückschlag für Portugal, hatte das Land doch den Rettungsschirm gerade erst mit einem Restkapital von 6 Milliarden Euro verlassen. Die Europäische Kommission teilte umgehend mit, dass sie den Rettungsplan Lissabons für die BES billige. Carlos Costa zufolge kostet die Sanierung weder den Staat noch die Einlagenbesitzer etwas. Die eingesetzten Mittel seien nur ein vorübergehender Kredit an das Institut. Das Geld solle durch einen späteren Verkauf des "guten" Teils der Bank wieder zurückgeholt werden. Die Verluste der Bad Bank sollen von den Aktionären getragen werden, inklusive der Espirito Santo Familie, die 20 Prozent der Anteile hält.
Jörg Rohmann, Chefanalyst des Brokers Alpari Deutschland hält dies für einen richtigen Schritt, schließlich seien sie es gewesen, die unternehmerisch tätig waren. "Die Gründung einer Bad Bank als Träger der bad assets wird eine schnelle Gesundung der Finanzwirtschaft Portugals ermöglichen", so Rohmann im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Bad Banks seien in solchen Szenarien nach wie vor die beste Vorgehensweise, so könnten die wirklichen Belastungen einer Bank abgestoßen werden. Rohmann sagt, dass es in der Vergangenheit schon öfter vorgekommen sei, dass durch die Abspaltung einer Bad Bank das Risiko aus der Bilanz genommen wurde und so die Wirtschaft wieder in Schwung gekommen sei. Auch die europäischen Banken-Stresstests seien nichts anderes. Die schlechten Anlageklassen würden verschwinden und entweder andere Investoren finden oder verkauft werden. "Erst wenn die Bilanzen sauber sind, kann ein neuer Kreditzyklus entstehen. Genau das will die Europäische Zentralbank (EZB) im Zuge der Stresstests erreichen, und dieselbe Grundstruktur kann man bei der Espirito Santo beobachten", so Rohmann. Für andere Banken sieht er "kein Ansteckungsrisiko", es handle sich um ein isoliertes Ereignis.
Portugal braucht Reformen
Doch nicht jeder ist von den Sanierungsmaßnahmen so überzeugt. Luis Faria, Ökonom beim portugiesischen Think Tank Contraditoria, sagt, der Fall der BES sei exemplarisch dafür, dass eine Bankenrettung nur zu weiteren führen würde. Auch das müsse
irgendwann ein Ende haben. Die portugiesische Wirtschaft sei noch immer träge und benötige dringend strukturelle Reformen "Die Rettungsmaßnahmen der Troika sind Kosmetik, aber können wohl kaum als eine wahre Veränderung betrachtet werden", so Faria. Rettungspakete für Banken seien niemals eine gute Lösung, denn sie würden "Fehlleistungen belohnen" und seien nur dann kurzfristig von Vorteil, wenn es eine Garantie für langfristige Erholung der Wirtschaft gäbe. "Doch in Portugal ist das offensichtlich nicht der Fall", sagt Faria. Seiner Meinung nach hätte Portugal bereits 2010 auf die Finanzspritze der Troika verzichten sollen. "Die Restrukturierung der Schulden schien und scheint immer noch als die vernünftigste Lösung für ein Land, das auch in den nächsten Jahren nicht auf wirtschaftlichen Wohlstand hoffen kann", so der Portugiese Luis Faria.