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Schadensbegrenzung und freundliche Töne

Von Arian Faal

Politik

Das Wirtschaftsforum findet auch ohne Irans Präsidenten Rohani statt.


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Teheran/Wien. Der Schock nach der Absage des Staatsbesuchs des iranischen Präsidenten Hassan Rohani in Österreich saß nicht nur bei österreichischen Unternehmern und Politikern tief, sondern auch bei iranischen Diplomaten. Daher waren beide Seiten bemüht, durch freundliche Worte Schadensbegrenzung zu üben.

Viele Politiker beider Länder, allen voran Bundespräsident Heinz Fischer, bemühten sich zu unterstreichen, dass die Qualität der österreichisch-iranischen Beziehungen durch die Absage keinesfalls berührt werde. Dennoch zeigte sich Fischer offensichlich enttäuscht. Er vermutete, dass sich der Besuch Rohanis nun wohl nicht mehr vor Ende seiner Amtszeit im Sommer ausgehen werde. Als Affront wollte der Bundespräsident die kurzfristige Absage aber nicht deuten. Manchmal müsse ein Schritt zurückgemacht werden, bevor man ans Ziel komme.

AUA und OMV hoffen auf lukrative Iran-Geschäfte

Das für den heutigen Donnerstag angesetzte Wirtschaftsforum Österreich-Iran findet - zwar in abgespeckter Form - auch ohne den iranischen Präsidenten statt.

Hochrangig besetzt ist die Veranstaltung allemal: Neben Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl und dem Präsidenten der iranischen Handelskammer, Mohsen Jalalour, nehmen auch der Leiter der Außenwirtschaft Austria, Walter Koren, und Farhad Sharif, der stellvertretende internationale Handelsvertreter Irans, teil.

Mehrere Dutzend iranische Wirtschaftstreibende, darunter viele CEOs, sind bereits in Österreich und werden Businessgespräche mit österreichischen Firmen führen. Allen voran sind große Unternehmen wie Austrian Airlines, OMV, Andritz und Raiffeisen an einer Intensivierung ihrer Geschäftsbeziehungen zum Iran interessiert. Schon am Mittwoch wurde im Umweltministerium ein MoU (memorandum of understanding) zwischen Wien und Teheran unterzeichnet.

Das bilaterale Handelsvolumen zwischen Österreich und dem Iran betrug zuletzt rund 300 Millionen Euro und soll bis 2020 die Euro-Milliardengrenze überschreiten. Laut Informationen der "ZiB 2" hält sich auch der Chef der iranischen Nationalbank in Wien auf. Er will über die Freigabe von Geldern aus dem Iran verhandeln, die auf Bankkonten in Österreich eingefroren sind - teilweise wegen der Sanktionen, aber auch aus Zeiten des gestürzten Schah-Regimes. Nach Angaben eines früheren Mitarbeiters der iranischen Botschaft in Wien soll es sich dabei um 4 Milliarden Euro handeln, großteils bei der UniCredit Bank Austria und bei Raiffeisen. Die österreichischen Banken wollen ab Sommer in Tranchen Iran-Gelder auszahlen. Die Absage des lange geplanten Besuchs Rohanis war am Mittwoch übrigens auch Thema beim Pressefoyer nach dem Ministerrat. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) erklärte dabei, es sei Sache des Iran, eine Reise zu machen, zu verschieben oder abzusagen. Vizekanzler und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) bedauerte die Absage, gerade aus Wirtschaftssicht.

Was die Medien wirklich interessierte, war die Frage nach dem wahren Hintergrund dieser kurzfristigen Verschiebung. Rohani hatte ja "Sicherheitsbedenken" angegeben.

Einer, der es wissen muss, ist Ex-Verteidigungsminister Werner Fasslabend, der Präsident der österreichisch-iranischen Gesellschaft. "Wir können selbstverständlich nur Hypothesen aufstellen. Aber die Tatsache, dass Rohani nicht nur seinen Besuch in Österreich, sondern auch seinen zuvor vorgesehenen Besuch in Bagdad absagt hat, lässt Rückschlüsse zu, da es zwei Besuche von völlig unterschiedlicher Natur sind", so Fasslabend. Alles deute darauf hin, dass der iranische Präsident sich mit einem wichtigen Thema auseinandersetzen müsse, das seine volle Konzentration erfordere. Hier stehen für den Ex-Minister zwei Dinge im Vordergrund. "Zuerst einmal ist relevant, dass es einen intensiven Kampf gegen Daesh ("Islamischer Staat", Anmerkung) gibt im Irak und in Syrien und zweitens erfolgte die Absage unmittelbar nach seinem Besuch in Pakistan und damit einem Land, dem eine gewisse Vermittlerrolle zwischen dem Iran und Saudi-Arabien zugeschrieben wird."

© M. Hirsch

Fasslabend sieht hier einen direkten Zusammenhang - die Spannungen zwischen Riad und Teheran könnten eine Rolle bei der Absage spielen. Die beiden Keyplayer in der Region unterhalten derzeit keine diplomatischen Beziehungen. In Syrien gebe es einen Stellvertreterkrieg zwischen den beiden Regionalmächten.

Angesprochen auf einen möglichen innenpolitischen Aspekt meinte der Präsident der österreichisch-iranischen Gesellschaft, dass der Kampf zwischen Hardlinern und moderaten Kräften seiner Meinung nach nur am Rande mitspiele: "Das sehe ich nicht als zentrale Frage, insbesondere auch deshalb, weil der Besuch in Bagdad auch von den Hardlinern gebilligt worden war."

Zudem hätte Rohani mit dem Österreichbesuch innenpolitisch ohnehin nicht sehr viel mehr punkten können, da er erst vor kurzem in Rom, im Vatikan und in Frankreich gewesen sei. Da der Iran mit Österreich ohnehin ausgezeichnete Beziehungen unterhalte, habe die die Reise selbst und deren Absage nicht den größten außenpolitischen Stellenwert.

Vielmehr zur Absage motiviert haben könnte ihn aber der Nationale Sicherheitsrat im Iran. "Man darf die weltweite Sicherheitslage nicht unterschätzen. Wenn im Irak, in der Türkei und in Pakistan, also in drei unmittelbaren Nachbarn des Iran, Bomben explodieren, dann muss man reagieren", erklärte Fasslabend. Es kann aber auch sein, dass die Absage am Ende doch nicht so kurzfristig kam.

Besuch schon vor Ostern abgesagt?

Am Mittwoch sickerten von mehreren Seiten Hinweise durch, dass Rohani seine Reise nach Wien schon vor Ostern abgesagt haben könnte. "Wir haben schon vor sechs Tagen die vorsichtige Andeutung bekommen, dass es noch nicht ganz fix ist", meinte eine informierte Quelle gegenüber der "Wiener Zeitung".

Indes polterte der Oberste Geistliche Führer des Iran, Ayatollah Seyed Ali Khamenei, am Mittwoch erneut gegen zu viele Verhandlungen und Diplomatie mit dem Westen. Raketen sieht er als Schlüssel für die Zukunft seines Landes. "Diejenigen, die sagen, die Zukunft liegt in Verhandlungen, nicht in Raketen, sind entweder ignorant oder Verräter", wurde der 76-jähige Ayatollah, der in allen Belangen des schiitischen Golfstaates das letzte Wort hat, am Mittwoch auf seiner Website zitiert.

Sollte die Islamische Republik Verhandlungen anstreben, aber keine Macht zur Verteidigung haben, würde sie bei Bedrohungen selbst vonseiten schwacher Staaten nachgeben müssen. Zuvor hatten mehrere westliche Staaten, darunter Deutschland, die jüngsten iranischen Raketentests in einem Brief an UN-Generalsekretär Ban Ki-moon verurteilt.

Damit widersetzt und distanziert sich Khamenei dem Motto "Kooperation statt Konfrontation" von Rohani und seinem politischen Ziehvater, Irans zweitmächtigstem Mann, Akbar Hashemi-Rafsanjani. Letzterer, der die moderateren politischen Kräfte anführt, hatte vergangene Woche zudem über den Kurznachrichtendienst Twitter erklärt, "die Zukunft liegt im Dialog, nicht in Raketen". Mit seinen Äußerungen vom Mittwoch stärkt Khamenei den streng konservativen Revolutionsgarden den Rücken, die jüngst Raketen testeten. Beobachter monieren aber, dass diese Aussagen auch dazu dienen, die erzkonservativen Hardliner nach ihrer deftigen Wahlniederlage bei den Parlaments- und Expertenratswahlen am 26. Februar zu besänftigen.

Uneins sind Reformer und Konservative auch über den Wirtschaftskurs des Iran. Während Rohani durch seine Auslandsreisen den Außenhandel ankurbeln möchte, setzt Khamenei auf eine auf Selbständigkeit beruhende Wirtschaft. Erst kürzlich bemängelte er auch, dass der Iran nach dem Wegfall der internationalen Strafmaßnahmen noch nicht von den Kontakten mit multinationalen Konzernen profitiert habe.