Wien. (apa) Anlässlich der schweren Erkrankung des israelischen Ministerpräsidenten Ariel Sharon stellt sich die Weltöffentlichkeit die Frage, ob sich dieser noch erholen kann. Entscheidend ist, ob das Gehirn durch die massive Blutung so stark beeinträchtigt wurde, dass normale Lebensfunktionen nicht mehr möglich sind, der Patient also in einen "vegetativen Zustand" fällt, oder ob die Schädigung begrenzt beziehungsweise reversibel ist. Wenn das Gehirn völlig ausfällt, spricht man vom "Hirntod", der nahezu weltweit medizinisch, ethisch und gesetzlich dem Individualtod gleichgesetzt wird.
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Die Harvard Medical School definierte 1968 erstmals das Hirntod-Syndrom mit den Symptomen Koma, erloschene Hirnstammreflexe, Apnoe (Atemstillstand) und isoelektrisches (Null-Linien-) EEG (Gehirnstrommessung).
Mit dem Fortschritt der Intensivmedizin, insbesondere der Möglichkeit der künstlichen Beatmung in den 40er und 50er Jahren und der ersten erfolgreichen Herz-Reanimation in den 60er Jahren, war es erforderlich, den Begriff "klinisch tot" zu erweitern. Während es früher ausreichend war, den Tod durch den irreversiblen Ausfall der Herz-Kreislauf-Funktion festzustellen, kam nun der Begriff des Hirntodes dazu. Dieser stellt den nicht mehr rückgängig zu machenden Ausfall des Großhirns und des Hirnstamms bei erhaltener Funktion der anderen Organe dar.
Allerdings gibt es selbst im europäischen Raum keine einheitlichen Kriterien zur Hirntoddiagnostik. Die Hirntodfeststellung beruht weltweit auf klinischen Kriterien und in vielen Ländern neben dem Beobachtungszeitraum auf einer zusätzlichen apparativen Diagnostik. Mit Ausnahme von Großbritannien ist in Europa der irreversible Funktionsausfall des Großhirns und des Hirnstammes erforderlich. In Großbritannien genügt der einmalige klinische Nachweis des Hirnstammtodes und es wird bewusst auf den Nachweis des Großhirntodes verzichtet.