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Schalthebel am Mischpult der Steuerreformer

Von Alfred Abel

Wirtschaft

Im Sandkasten der Steuerreformer gibt es Hektik. Die Reformerteams des Finanzministers sind dabei, Modelle auszuloten, wie die Steuerschraube leicht (aber doch nicht zu sehr) gelockert werden könnte. Dabei erinnert man sich wieder jener Hebel am Mischpult der Lohn- und Einkommensteuer, mit denen man die Steuerbelastung der Bürger behutsam mindern kann, ohne in die vielschichtige Tarifstruktur eingreifen zu müssen. Man erinnert sich der steuerlichen Absetzbeträge.


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Sieben Absetzbeträge tun derzeit im heimischen Steuersystem ihre wohltätige Wirkung; ein achter, "unechter", spielt auch noch mit. Die sieben sind geeignet, auf unterschiedliche Weise die jährliche oder monatliche Steuerbelastung der Bürger unmittelbar zu vermindern; der achte tut dies indirekt in Form von Transferzahlungen.

Allgemeiner Absetzbetrag

Der wichtigste Absetzbetrag (AB) ist jener "allgemeine", der ursprünglich für alle Steuerzahler gleich hoch eingeführt wurde und ihnen ein steuerfreies Sockeleinkommen sichern sollte, als Teil des Existenzminimums. In den letzten Jahren hat er freilich bizarre betragliche Veränderungen erfahren. Er ist die klassische Regulierungsmöglichkeit der Steuer-reformer, mit der man die Steuerbelastung schnell und undifferenziert rauf und runter korrigieren kann, je nach Budgetbedarf. Der allgemeine Absetzbetrag betrug in seiner Glanzzeit 12.200 Schilling jährlich, und soviel beträgt er optisch auch heute noch (887 Euro). Tatsächlich wurde er aber unter dem Zwang der Budgetnöte sukzessive abgehalftert. Seine steuerentlastende Wirkung tut er derzeit nur mehr bei Jahres-einkommen bis etwa 21.800 Euro (300.000 Schilling); danach reduziert er sich "einschleifend" und wird ab einem Jahreseinkommen von 35.400 Euro (487.000 Schilling) "weggebeamt".

Kein Zweifel, dass sich dieser AB für künftige Entlastungs-absichten besonders anbietet, wenn man ihn wieder "hinauf-korrigiert". Das lässt sich gut "verkaufen" und fein abstimmen, ohne dass in die bestehende Tarifstruktur präjudiziell eingegriffen werden muss. Der AB wird zudem in die gängigen Steuertabellen gleich eingebaut und ist daher leicht administrierbar.

Arbeitnehmer-Absetzbetrag

Der zweitwichtigste der Absetzbeträge ist jener für die Arbeitnehmer. Er betrug ursprünglich 1.500 Schilling jährlich, wurde aber zuletzt auf die Hälfte verkürzt (54 Euro) - ein Opfer auf dem Weg zum Nulldefizit. Auch er ist in den Lohnsteuertabellen bereits enthalten und bietet eine gute Möglichkeit, durch behutsames Nachziehen eine arbeitsnehmerfreundliche und öffentlichkeitswirksame Erhöhung der Nettolöhne und -gehälter anzupreisen.

Grenzgänger-Absetzbetrag

In grenznahen Gebieten hat dieser Absetzbetrag übrigens ein Pendant, weil Dienstnehmer, die zwar in Österreich wohnen, aber im grenznahen Ausland beschäftigt sind, den "normalen" Arbeitnehmer-AB nicht bekommen können. Des-halb hat man für sie den "Grenzgänger-Absetzbetrag" erfunden; gleich hoch wie jener der "echten" Arbeitnehmer und mit der gleichen Wirkung.

Betriebsgewinne-Entlastung

Es ist wohl anzunehmen, dass bei einer etwaigen Erhöhung des Arbeitnehmer-AB die Unternehmerseite Diskriminierung fühlt und für adäquate Entlastungsmaßnahmen plädiert. Da ließe sich vielleicht über die (Wieder-)Einführung der Steuerbegünstigung für nichtentnommene Gewinne diskutieren. Der Vorteil dieser - freilich nicht leicht zu handhabenden - Begünstigung läge vor allem in der notwendigen Eigenkapitalstärkung der Betriebe. Auch eine Förderung der betrieblichen Investitionen wäre denkbar; die jüngst wieder erfundene vorzeitige Abschreibung bei neuhergestellten Betriebsgebäuden bietet einen Vorgeschmack.

Alleinverdiener-Absetzbetrag

AB Nummer 4 ist der Alleinverdiener-Absetzbetrag für Verheiratete, soferne der Partner nichts oder nur ein Mini-Einkommen mitverdient: nicht mehr als 2.200 Euro (30.000 Schilling) im Jahr; wenn Kinder zum Haushalt gehören, höchstens doppelt soviel. Der schöne AB - maximal 364 Euro (5.000 Schilling) pro Jahr - steht auch Alleinerziehern zu, also alleinstehenden Personen, die für ein Kind (oder deren mehrere) sorgen müssen. Den AB gibt's übrigens auch für Lebensgefährten, soferne ein Kind zur Partnerschaft gehört.

Verkehrsabsetzbetrag

Ein Ergebnis von Kompromissen ist der "Verkehrsabsetzbetrag". Er steht grundsätzlich allen Arbeitnehmern zu und soll jene Fahrtkosten steuerlich abfedern, die den Beschäftigten bei ihren Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte erwachsen. Weil heutzutage jeder in irgendeiner Form öffentliche oder private Vehikel benützen muss, hat man den AB generalisiert und in die gängigen Lohnsteuertabellen fix eingebaut. Seine mögliche Valorisierung hängt freilich nicht mit dem Steuerreformvorhaben zu-sammen, sondern eher mit seiner längst fälligen Anpassung an die gestiegenen Transportpreise.

Pensionisten-Absetzbetrag

Pensionisten brauchen wegen der für sie nicht geltenden Arbeitnehmer- und Verkehrs-ABs nicht neidig zu sein. Für sie hat man den speziellen Pensionistenabsetzbetrag eingeführt, der zufällig genau so hoch ist, wie die beiden "verbotenen" ABs zusammen: 400 Euro bzw. 5.500 Schilling jährlich. Freilich hat der Finanzminister auch den Ruhegenussempfängern einen Beitrag zur Budgetsanierung abverlangt und den zuvor recht attraktiven AB gehörig gestutzt. Dass Pensionisten nicht den gleichstarken Zugang zur öffentlichen Meinung haben wie die Aktiven und deren Interessenvertretungen, mag dabei ein Kalkül gewesen sein. Tatsache ist, dass sich der AB seit dem Vorjahr "einschleifend" reduziert und ab einer Jahrespension von 21.800 Euro (300.000 Schilling) gänzlich entfällt.

Unterhaltsabsetzbetrag

Ein Spezifikum anderer Art ist der Unterhaltsabsetzbetrag, der auf familienpolitische Überlegungen zurückzuführen ist. Er soll Personen, die für außereheliche oder Scheidungskinder gesetzlichen Unterhalt leisten müssen (und dies auch nachweislich tun), ein bisschen steuerliche Unterstützung bieten. Dieser monatliche AB (25,50 Euro/375 Schilling für das erste Kind, 38,20 Euro/525 Schilling für das zweite und je 50,90 Euro/700 Schilling ab dem dritten Kind) ist in den letzten Jahren von jeglicher Valorisierung ausgenommen worden, weil man - so die offizielle Begründung - weniger die Alimentezahler, sondern eher die intakten Familien fördern möchte. Damit scheint dieser AB als Spielmaterial einer Steuerentlastungsoffensive Tabu zu sein.

Kinderabsetzbetrag

Kein "echter" Absetzbetrag, sondern eine Transferzahlung ist der Kinderabsetzbetrag: ein Zuschlag zur "normalen" Familienbeihilfe in Höhe von einheitlich 50,90 Euro (700 Schilling) je Kind und Monat. Er ist das Ergebnis der seinerzeit von zornigen Familienvätern erzwungenen Familiensteuerreform. Weil er die wahlpolitisch so wichtige Zielgruppe "Familie" bedient, könnte er wohl einer der wichtigsten Hebel am Mischpult der Steuerreformer werden.