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Rechnungshof beanstandet auch die Verhandlungsführung von Minister Darabos. | Der Eurofighter-Vergleich hat eine Kostenreduktion von 267 Mio. Euro gebracht und damit um 103 Mio. Euro weniger, als von Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) behauptet. Das geht aus dem am Freitag veröffentlichten Bericht des Rechnungshofs (RH) hervor, in dem auch eine vernichtende Bilanz über die Verhandlungen mit der Eurofighter GmbH, die Darabos laut RH mehr oder weniger im Alleingang geführt hat, gezogen wird.
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Laut RH hat die Stückzahlreduktion von 18 auf 15 und die Abbestellung von Selbstschutz- und elektrooptischen Zielerfassungssystemen (Infrarot-Suchgeräten) einen Wert von 307 Mio. Euro umfasst. 57 Mio. Euro stellte allerdings die Eurofighter GmbH als Abbestellungskosten in Rechnung. Als Differenz ergab sich eine Reduktion von 250 Mio. Euro. Von den von Darabos behaupteten Einsparungen von 120 Mio. Euro bei den Betriebskosten sind lediglich 17 Mio. Euro gesichert.
Ein Preisnachlass durch den Verzicht auf die Eurofighter-Modernisierung von Tranche 1 auf Tranche 2 und die Akzeptanz gebrauchter Flieger ist laut RH-Bericht "nicht nachvollziehbar ausgewiesen". Der Kaufpreis reduziert sich damit von 1,959 Mrd. Euro für 18 neue Tranche-2-Abfangjäger auf 1,709 Mrd. Euro für 15 teilweise gebrauchte Tranche-1-Jets.
Die Preisreduktion durch die Verminderung der Stückzahl (250 Mio. Euro) ergibt trotz Verzicht auf die modernere Tranche 2, Abbestellung von Einsatzausrüstung und Tausch von neuwertigen gegen sechs gebrauchte Flieger nun einen Stückpreis von 114 statt wie bisher 109 Mio. Euro pro Jet. Dass bei den Betriebskosten nur 17 Mio. Euro und nicht wie vom Verteidigungsministerium errechnet Einsparungen von 120 Mio. Euro gesichert sind, ergibt sich laut RH durch die Laufzeit der entsprechenden Verträge (In-Service-Support-Verträge).
Im Vergleich wurde ein Preisnachlass von vier Mio. Euro jährlich vereinbart, der hochgerechnet auf die geplante Nutzungsdauer von 30 Jahren eine Kostenreduktion von 120 Mio. Euro ergeben sollte. Die tatsächliche Laufzeit der Verträge beträgt allerdings nur rund 3,5 bzw. 8,5 Jahre. Für die Zeit nach Ablauf der Verträge liegen keine Preisvereinbarungen oder -garantien vor. Damit sind laut RH lediglich Reduktionen in Höhe von 17 Mio. Euro gesichert. Zusätzlich ergaben sich laut RH 750.000 Euro Einsparungen durch die Verringerung der Güteprüfungen um drei Stück. Der Verzicht auf den Bau einer Wartungsbox brachte weitere vier Mio. Euro.
Die Eurofighter-Stückzahlreduktion und die Abbestellung von Einsatzausrüstung erfolgten aufgrund einer Entscheidung des Verteidigungsministers. Planungsvarianten mit geringeren Flottengrößen wurden vorher ausgearbeitet, "eine Planungsvariante mit 15 Flugzeugen lag aber nicht vor", kritisiert der Rechnungshof. Außerdem wurde durch die Akzeptanz gebrauchter Flieger und die Abbestellung von Einsatzausrüstung auf Anforderungen verzichtet, die im Vergabeverfahren zwingend zu erfüllende Bewertungskriterien dastellten und deren Nichterfüllung zum Ausscheiden von Angeboten geführt hatte.
Das Ressort verzichtete zudem auf eine Pönalforderung in Höhe von rund 5,1 Mio. Euro gegenüber der Eurofighter GmbH für bis dahin festgestellte Lieferverzögerungen bei logistischen Leistungen. Für die von Eurofighter verrechneten Stornokosten in Höhe von 57 Mio. Euro lag laut RH "keine nachvollziehbare Darstellung vor".
Für die sechs gebrauchten Flieger wurden keine Maximalwerte in Hinblick auf die Materialabnützung und die Anzahl der bereits geleisteten Flugstunden festgelegt, wodurch für das Ressort keine Möglichkeit zur Kompensation des tatsächlichen Materialabnützungsgrads bestand. Eine Definition des Begriffs "fast neuwertig" für den Abnahme- und Güteprüfprozess fehlte.
Außerdem enthielten nicht nur die gebrauchten, sondern auch die "neuen" Flugzeuge der Tranche 1 gebrauchte Systemteile bzw. Komponenten der Tranche 2. Durch das Auslaufen der Produktion von Flugzeugen der Tranche 1 fehlten Nutzteile, wodurch auch die weitere Versorgung mit Ersatz- und Umlaufteilen betroffen sei, so der RH.
Interessant ist auch, dass nach der Stornierung von Infrarot-Suchgeräten nun die Beschaffung von "Sehhilfen zur Identifizierung von Luftzielen bei Nacht" eingeleitet wurde, was wiederum neue Kosten verursachen dürfte.
Eine vernichtende Bilanz hat der Rechnungshof über die Verhandlungen von Verteidigungsminister Darabos mit der Eurofighter GmbH gezogen. So habe es das Ressort verabsäumt, sich das Recht auf allfällige Mehrerlöse durch die Verwertung der ursprünglich für Österreich bestimmten Tranche-2-Flugzeuge abzusichern. Kritisiert wird weiters, dass die Finanzprokuratur und der Finanzminister in die maßgeblichen Verhandlungen nicht eingebunden und diese nicht dokumentiert gewesen seien. "Der RH beanstandet die mangelnde Dokumentation und die fehlende Transparenz der Vergleichsverhandlungen", heißt es im Bericht.
An der entscheidenden Verhandlungen haben laut RH ausschließlich Darabos und ein externer Gutachter teilgenommen. Die Finanzprokuratur war weder an an den Vergleichsverhandlungen noch am Vergleichsabschluss beteiligt. Sie wurde erst nach Abschluss des Vergleichs in eine Arbeitsgruppe zur Erstellung von Detailvereinbarungen eingebunden.
Aufhorchen lässt der RH mit der Feststellung, dass die betroffenen Dienststellen im Ministerium über den Inhalt des Vergleichs und die Detailvereinbarungen "nur auszugsweise informiert" worden seien. Das Ressort habe auch bis zum Abschluss der Gebarungsprüfung im Dezember 2007 keine Vorbereitungen für Verhandlungen über Vertragsänderungen getroffen. "Die Einleitung der Vertragsänderungen erfolgte erst im März 2008", so der RH.
Bemängelt wird außerdem, dass eine Rechtsauskunft über eine mögliche Gebührenpflicht erst nach Vertragsabschluss eingeholt wurde und dadurch Österreich Zinskosten für den Zeitraum ab der Fälligkeit der Gebühren entstehen könnten. Weiters beanstandete der RH, dass nicht das Finanzministerium oder die Finanzprokuratur für die Beratungstätigkeit herangezogen wurden und eine schriftliche Beauftragung des externen Gutachters gefehlt habe.
Die Kosten für mehrere von Darabos beauftragte externe Gutachter betrugen 115.000 Euro. Bemängelt wird vom RH, dass die schriftliche Vereinbarung mit einem Gutachter erst im Juni 2007 erfolgt ist, obwohl dieser schon im April 2007 beauftragt worden war.
Die Reduzierung des Kaufpreises bewirkte eine Verminderung der Gegengeschäfte um rund 500 Mio. Euro auf 3,5 Mrd. Euro. Bei den In-Service-Support-Verträgen wurden Gegengeschäfte weder bei der Angebotseinholung in den Jahren 2005 bzw. 2006 - also unter Minister Günther Platter (ÖVP) - noch bis zum Vertragsabschluss im Dezember 2007 berücksichtigt, obwohl die Verträge mit rund 177 Mio. Euro "ein erhebliches Volumen ausweisen", so der RH.