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Schärfer gegen Kindesmissbrauch

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

EU fordert bis zu zwölf Jahre Haft. | Verpflichtende Vermerke und Informationsaustausch. | Brüssel. Die EU-Kommission will künftig wesentlich schärfer gegen Menschenhandel und sexuellen Missbrauch von Kindern vorgehen. Denn die Tragweite von Kindesmissbrauch sei "viel größer, als man annehmen möchte", sagte Justiz- und Innenkommissar Jacques Barrot am Mittwoch. Nur jeder vierte Übergriff werde auch angezeigt. Daher sollen die Strafen erhöht und neue Tatbestände wie das Anbahnen von sexuellen Kontakten im Internet ("Grooming") und Sextourismus strafrechtlich relevant werden.


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Konkret will Brüssel die Mindesthöchststrafen für Kindesmissbrauch von derzeit einem Jahr auf sechs Jahre erhöhen. Das bedeutet, dass Sexualstraftäter, die sich an Kindern vergehen, in jedem EU-Land mit bis zu sechs Jahren Haft rechnen müssten. Bei erschwerenden Umständen solle diese Zahl auf zehn Jahre festgelegt werden, so Barrot - darunter falle die Ausnutzung eines Autoritäts- oder Vertrauensverhältnisses etwa durch einen Lehrer oder ein Familienmitglied. Sollte das Kind bei dem Verbrechen in Lebensgefahr gewesen sein, so plädiert Brüssel für eine Höchststrafe von mindestens zwölf Jahren. Als Kind sieht die Kommission übrigens jeden Menschen an, der unter 18 Jahre alt ist.

Hart gegen Sextouristen

Da rund 20 Prozent der Sexualstraftäter rückfällig würden, plädiert Barrot für einen verpflichtenden Strafregistervermerk. Dadurch sollen sie künftig von einem Job wie Lehrer oder Betreuer ferngehalten werden. Zudem solle es weitreichenden Informationsaustausch unter den Strafverfolgungsbehörden geben.

Sextouristen, die Kinder im Ausland missbrauchen, müssten nach ihrer Rückkehr in der gesamten EU mit gerichtlicher Verfolgung rechnen, führte er weiter aus. Bei Aussagen vor Gericht sollen die Kinder nicht mehr gezwungen werden, die Täter zu sehen.

Strafbar soll auch das Ansehen von Kinderpornos im Internet werden, selbst wenn keine Dateien heruntergeladen wurden. Denn derzeit gebe es rund 300.000 kommerzielle Webseiten im Zusammenhang mit Kindesmissbrauch, illustrierte der französische Kommissar. Die Zahl dieser Seiten habe sich von 2003 bis 2007 vervierfacht.

Opfern von Menschenhandel will Brüssel Schutz vor Anzeige, Unterkunft, Polizeischutz und kostenlose Rechtshilfe garantieren. Diese würden meist für die Prostitution oder Zwangsarbeit verschleppt. Den Vorschlägen der EU-Kommission müssten alle Mitgliedsstaaten zustimmen, damit daraus tatsächlich EU-Recht würde.