Zum Hauptinhalt springen

Schärfere Kanten für den Juniorpartner

Von Brigitte Pechar

Politik

Spindelegger schwört Basis am 20. Mai auf künftigen Kurs der ÖVP ein. | Leere Formeln brauchen Inhalt. | Wien. "Wir haben vielleicht die letzte Chance, die ÖVP wieder nach vorne zu bringen, und für mich ist es sicher die letzte Chance." Das sagte Josef Pröll bei seiner Wahl zum ÖVP-Obmann am 28. November 2008 auf dem Parteitag am 20. Mai in Wels. Pröll war damals 40 Jahre alt und somit jüngster Bundesobmann in der Geschichte der Volkspartei. Zweieinhalb Jahre später soll ihm nun beim 35. außerordentlichen Bundesparteitag in Innsbruck Michael Spindelegger, 51, nachfolgen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 13 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Der Rücktritt Prölls - von allen Funktionen und politischen Ämtern - erfolgte am 13. April nach einer Rekonvaleszenz an einem beidseitigen Lungeninfarkt. Die ÖVP wurde damit völlig überrascht. Dass Spindelegger nun der 15. ÖVP-Parteichef werden soll, wurde von den Parteigranden relativ einmütig beschlossen, seine Designierung am 14. April im Parteivorstand erfolgte einstimmig. Zwar hatte er vom Vorstand das Pouvoir, sich seine Regierungsmannschaft völlig frei auszusuchen - soll heißen ohne Rücksicht auf Bünde- und Länderbegehrlichkeiten; dennoch zeigten sich am Ende einige unzufrieden mit der Personalauswahl. Der Bauernbund etwa musste die einflussreichste Position - Obmann und Vizekanzler - abgeben und auch die Steirer waren nicht angetan. Das wurde dem neuen Chef auch signalisiert. Bei seinen Landestouren vor dem Parteitag, bei denen Spindelegger vor allem hören will, was die schwarze Basis stört und will, wurde er in Graz eher kühl empfangen.

Ursprünglich hatte die ÖVP den 20. und 21. Mai im "Congress Innsbruck" als Programmkongress anberaumt. Nach den personellen Änderungen wurde dieser Termin erstens auf den Freitag beschränkt und zweitens zu einem Parteitag umfunktioniert. Dass die Vorbereitungen schon angelaufen sind, habe die Planung erleichtert, heißt es aus der ÖVP. Aber ein Parteitag, bei dem Statuten einzuhalten sind, sei komplexer. 600 Delegierte und 300 Gäste wurden geladen. Pröll wird die Staffelübergabe selbst vornehmen. Dann folgt die mit Spannung erwartete programmatische Rede von Spindelegger - ehe er sich der Wahl stellt. 2008 hatte Pröll 89,6 Prozent erreicht und lag damit bei den schwachen ÖVP-Ergebnissen.

Bleibt abzuwarten, ob Spindelegger die Basis überzeugen kann. Er muss dort sagen, wie sich die Volkspartei künftig positioniert. Leistung, Familie, Solidarität und Sicherheit sind Schlagwörter, die der neue Parteichef gerne anführt, die er aber mit Leben erfüllen muss. Die Forderung nach einer Entlastung des Mittelstandes und steuerlicher Leistungsgerechtigkeit zählte zu den ersten und häufigsten programmatischen Ansagen des neuen ÖVP-Obmanns.

Der Wechsel im ÖVP-Regierungsteam hat bisher noch zu keinen Höhenflügen bei Umfragen geführt. Im Gegenteil, laut Karmasin Motivforschung käme die Volkspartei nur noch auf 23 Prozent und läge damit vier Punkte hinter der SPÖ und drei hinter der FPÖ. Die Grünen erhielten 15 Prozent, das BZÖ 6. "Gallup" erhob sogar nur 21 Prozent für die Volkspartei, "market" sieht die ÖVP bei 22 Prozent. "Imas" sieht die ÖVP mit 21 bis 23 Prozent gleichauf mit der FPÖ.