Telefon-Kunden haben ein Recht auf verständliche Informationen.
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Wien. Keine Frage: Festnetz- und Mobiltelefonie erleichtern das tägliche Leben - manchmal bewirken sie aber auch genau das Gegenteil. Davon legt die stetige Zunahme der Beschwerden bei der Schlichtungsstelle der Telekom-Regulierungsbehörde RTR ein beredtes Zeugnis ab. Allein 2011 wurden 5470 Streitfälle an die RTR-Schlichtungsstelle herangetragen. Das waren um knapp ein Viertel mehr als 2010. Rund 13 Prozent der Verfahren betrafen die Festnetz-Telefonie, 87 Prozent entfielen auf Probleme im Bereich Mobilfunk. In 42 Prozent aller Streitfälle ging es um mobile Datendienste.
Seit 1. August 2012 ist die neue Mitteilungsverordnung des Telekom-Regulators über "die Bekanntmachung nicht ausschließlich begünstigender Änderungen" in Kraft (BGBl II Nr. 239/2012). Sie verpflichtet die Betreiber von Telekommunikationsdiensten, ihre Kunden über Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) besser und verständlich zu informieren.
Keine Verschleierungstaktik
"In der Vergangenheit erfolgte die Mitteilung von Änderungen der AGB seitens der Betreiber gerne verschleiert wie etwa in Werbebotschaften oder Fließtexten anderen Inhalts", erläutert Harald Hajek, Spezialist für Telekom-Recht in der Wiener Rechtsanwaltskanzlei Siemer-Siegl-Füreder & Partner, den Hintergrund der Verordnung. "Oder es wurden Änderungen nur unzureichend beschrieben, wodurch sie für den juristischen Laien oft nicht fassbar waren. Das ist in Zukunft nicht mehr möglich."
Ziel der neuen Mitteilungsverordnung ist die transparente und richtige Information der Kunden. "Damit soll die Entscheidung zur Aufrechterhaltung des Vertrages zu den geänderten Bedingungen oder zur Ausübung des kostenlosen Kündigungsrechtes erleichtert werden", erklärt Hajek. Und worüber muss nun im Detail informiert werden? "Über Kündigungsfristen und Kündigungstermine, die Taktung, Entgelterhöhungen und die Einführung von neuen Entgelten", zählt der Experte auf.
Dem Kunden müssen laut Verordnung nun sowohl die geltende Regelung als auch die neu geplante Regelung mitgeteilt werden. Dabei muss die Änderung für jedes einzelne bestehende Vertragsverhältnis angegeben werden. "Bündelprodukte sind als einheitliche Vertragsverhältnisse zu sehen, weshalb der gesamte Vertrag gekündigt werden kann, auch wenn sich eine Änderung nur auf einen Teilvertrag des Bündels bezieht", weiß Hajek.
Der konkrete Inhalt dieser Mitteilung wird durch die Verordnung genau - teilweise sogar wörtlich - geregelt: "Wir informieren Sie über eine nicht ausschließlich begünstigende Änderung der Vertragsbedingungen. Es sollen ab dem (...) für Ihr Vertragsverhältnis bzw. Ihre Vertragsverhältnisse - es folgt die Bezeichnung des Vertragsverhältnisses - folgende Änderungen in Kraft treten." Danach folgen die wesentlichen Inhalte der Änderungen.
"Der Kunde muss die Änderung seitens des Telekom-Betreibers einen Monat vor Inkrafttreten erhalten", stellt Hajek klar. "Eine bloße Bereitstellung auf einer Website genügt nicht. Der Betreiber hat die Mitteilung aktiv an den Kunden zu übermitteln."
Harte Strafen
Aufgrund der geplanten Änderungen haben die Kunden dann das Recht, das Vertragsverhältnis bis zum Inkrafttreten der Änderungen und bis zu einem festgelegten Datum kostenlos zu kündigen. Bei diesem Sonderkündigungsrecht dürfen keine Restentgelte für eine allenfalls noch bestehende Mindestvertragsdauer oder in Anspruch genommene Vergünstigungen verrechnet werden. Die rechtzeitig eingebrachte Kündigung wird mit dem Datum des Inkrafttretens der Änderungen wirksam, ab diesem Zeitpunkt dürfen somit keine Entgelte mehr verrechnet werden. Hajek: "Bereits im Voraus bezahlte Entgelte, wie typischerweise das monatliche Grundentgelt, sind daher stichtagsgenau abzurechnen, und der Mehrbetrag ist dem Kunden zu refundieren."
Die Kündigung kann formlos, sogar mündlich erfolgen, wenn das in den AGB der Betreiber nicht anders festgelegt wurde. Zwecks Nachweis empfiehlt sich allerdings eine schriftliche Kündigungserklärung.
Eine Missachtung der neuen Verordnung wird mit einer Geldstrafe bis zu 58.000 Euro geahndet. "Die rechtlichen Vorgaben sind eindeutig und lassen keine Interpretationsspielräume zu", warnt Rechtsanwalt Hajek. "Die Betreiber von Telekommunikationsdiensten sind daher gut beraten, wenn sie von der bisher geübten ,Verschleierungstaktik‘ abgehen und künftig nicht ausschließlich begünstigende Änderungen gemäß der Verordnung mitteilen."