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Schatten über der RBI-Bilanz

Von Karl Leban

Wirtschaft

Ukraine und Ungarn reißen Raiffeisen Bank International in die Verlustzone - Minus von 119 Millionen Euro im dritten Quartal.


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Wien. Wieder ein schwarzer Börsentag für die Raiffeisen Bank International (RBI): Am Donnerstag ging es mit ihrem Aktienkurs um 4,5 Prozent auf 15,29 Euro bergab. Der Grund: Bankchef Karl Sevelda geht nun für heuer davon aus, dass für faule Kredite unter anderem auch wegen eines missglückten Geschäfts in Indonesien Kosten von rund 1,8 Milliarden Euro anfallen. Verschlimmert sich die Ukraine-Krise, könnte die Belastung noch höher sein. Damit hat Sevelda seine Prognose binnen kurzer Zeit ein zweites Mal nach oben revidiert. Noch im September hatte er mit Kreditvorsorgen von bis zu 1,7 Milliarden Euro gerechnet, davor mit 1,3 bis 1,4 Milliarden.

Der Kurs der RBI-Aktie hat in diesem Jahr bereits schwer gelitten. Alles in allem verlor der Finanztitel bisher rund 40 Prozent, wobei sich Milliarden an Börsenwert in Luft auflösten. Die Ukraine-Krise sowie massive Belastungen durch die neuen Kreditgesetze in Ungarn werden das Ergebnis der RBI heuer tief in die roten Zahlen drücken. Nach einer überraschenden Gewinnwarnung vor zwei Monaten steht die Bank vor dem ersten Jahresverlust in ihrer Geschichte. Erwartet wird das Minus in einer Bandbreite von 50 bis 500 Millionen Euro.

Russland weiter profitabel

Die Verlustprognose für 2014 bekräftigte Sevelda am Donnerstag. Dank positiver Zahlen im ersten Halbjahr weist die RBI für die ersten drei Quartale zwar noch einen Netto-Gewinn von 225 Millionen Euro aus. Das abgelaufene dritte Quartal bescherte dem in Osteuropa breit aufgestellten Finanzinstitut aber bereits einen Verlust - in Höhe von 119 Millionen Euro. Und im letzten Jahresviertel, so die Erwartungen, wird dieser noch viel höher ausfallen.

In der Ukraine, neben Ungarn das zurzeit größte Problemland für die Giebelkreuzer, hat die RBI mit der Tochter Aval eine der größten Banken des Landes. Da vor allem im umkämpften Osten viele Kunden ihre Kredite nicht mehr bedienen können, mussten die Risikovorsorgen deutlich aufgestockt und eine Firmenwertabschreibung vorgenommen werden. In Summe schlug dies mit 327 Millionen Euro zu Buche. Nach den ersten neun Monaten des Jahres liegt der Verlust in der Ukraine nun bei 138 Millionen Euro.

In Ungarn lief es noch schlechter. Aufgrund einer dort Anfang Juli beschlossenen Gesetzesnovelle, die Finanzinstitute zwingt, die Zinsen und Gebühren bei Fremdwährungskrediten rückwirkend zu senken, musste die RBI heuer 272 Millionen Euro rückstellen. Nach den ersten drei Quartalen beläuft sich der Verlust in Ungarn deshalb auf 301 Millionen Euro, wobei allein für das dritte Quartal ein Minus von 202 Millionen Euro ausgewiesen wird.

Russland, der für den RBI-Konzern mit Abstand größte Ertragsbringer, ist hingegen nach wie vor profitabel. Netto verdiente Raiffeisen dort von Jänner bis September mit 289 Millionen Euro allerdings um 100 Millionen weniger als in der Vorjahresperiode. Dass Russlands Wirtschaftsmotor nach den Sanktionen stottert, bekommt die RBI insbesondere durch Währungsverluste infolge des Rubel-Absturzes und durch Kreditwertberichtigungen zu spüren. Inzwischen glaubt Sevelda jedoch, dass bei der Abwertung des Rubel das Schlimmste überstanden sei.

Dem Geschäft in Russland will der Bankchef weiterhin die Treue halten. Dies gelte auch für die anderen Märkte der RBI in Osteuropa, an Rückzug sei in keiner der Regionen gedacht.

Raiffeisen-Sektor leidet

Geht es nach Sevelda, soll die Konzernbilanz 2015 wieder ins Positive drehen. Konkret erwartet der Raiffeisen-Banker einen Gewinn in mittlerer dreistelliger Millionenhöhe. "In unseren anderen Märkten können wir mit der Geschäftsentwicklung weitgehend zufrieden sein", so Sevelda. Zudem sei die Bank bei ihrem laufenden Sparprogramm auf Kurs. Dies bedeutet auch weiteren Abbau von Personal. Per Ende September lag die Mitarbeiterzahl bei rund 55.900, zu besseren Zeiten hatte der Konzern noch mehr als 60.000.

Dass die RBI heuer Verluste einfährt und deshalb auch die Dividende streicht, erschüttert den gesamten Raiffeisen-Sektor. Weil der Sektor dezentral aufgebaut ist, leidet selbst die kleinste Raika. Die RBI hängt an der Raiffeisen Zentralbank, diese wiederum an den Landesbanken, und die an den lokalen Raiffeisenkassen. Somit beeinflusst das RBI-Ergebnis das jeweilige Ergebnis aller Sektorbanken. Die Landesbank Niederösterreich-Wien etwa schloss am Donnerstag einen Konzernverlust für das heurige Jahr nicht aus.