Völlig unreguliert hantieren Fonds und Finanzgesellschaften mit Unsummen.
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Wien. Wenn nun Banken stärker beaufsichtigt werden und auch mehr hartes Eigenkapital halten müssen, so soll das der Stabilisierung des Finanzsystems dienen. Doch es gibt neben den lizenzierten Banken ein "Schattenbanken-Wesen", das nach Meinung des früheren Chefs der deutschen Bundesbank, Axel Weber, eine mindestens ebenso große Bedrohung darstellt. "Welchen Sinn hat es, einen Deich zu errichten und den Ozean im Rücken zu haben?", fragte er zuletzt in Washington bei der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds.
In der Tat sind diese Hedgefonds, Geldmarktfonds, auch Versicherungen und Finanzgesellschaften so groß geworden, dass sie für kreditgebende oder haftende Banken zum Risiko werden können.
In den USA beispielsweise schätzt die US-Notenbank die Verbindlichkeiten der "shadow banks" auf mehr als 16.000 Milliarden Dollar. Das ist mehr als das reguläre Bankensystem dort, das auf 13.000 Milliarden kommt. In Europa hat die Erfassung dieser Finanz-Gesellschaften erst begonnen. Die Europäische Zentralbank schätzte das Vermögen solcher "Special Purpose Vehicles" auf 2300 Milliarden.
Wenn solche Fonds pleitegehen, können sie normale Geschäftsbanken mitreißen. Die Aufsichtsbehörden wissen davor nicht, was sich exakt in diesen Fonds abspielt.
Da sie keine Banken sind, müssen sie auch keine Eigenkapitalvorschriften einhalten. Dazu kommt, dass die Finanzprodukte der Schattenbanken spekulativen Charakter haben. Sie kaufen Kredite von Banken, bündeln sie in Wertpapiere und verkaufen diese weiter.
Kein Zugang zur Notenbank
Was solche Wertpapiere wert sein können, musste die Welt 2007 erleben, als die amerikanische Hypothekenblase platzte und sich herausstellte, dass viele der Kredite, die zu Wertpapieren verwandelt worden waren, uneinbringlich sind. Die Finanzkrise begann damit.
"Schattenbanken haben keinen Zugriff auf Notenbankgeld, wenn es knapp wird, und auch keine Einlagensicherung", heißt es im deutschen Bankenverband.
Kein Wunder, dass diese Fonds als Bedrohung wahrgenommen werden und die Aufsichtsbehörden versuchen, sie stärker zu reglementieren.
Nach einem Einbruch 2009 geht es nämlich wieder steil bergauf. Allein heuer sind bisher weltweit 200 neue Hedgefonds gegründet worden. Das in Hedgefonds verwaltete Vermögen soll heuer um 12 Prozent auf 2,25 Billionen Dollar steigen, ergab eine Umfrage der Deutschen Bank.
Die Rendite des Vermögens liegt heuer - so eine Analyse von Eurekahedge - bei 1,5 Prozent. Das wäre mit viel weniger Risiko auch zu erreichen. Aber die Fonds werben mit enormen zweitstelligen Renditen. Das dabei eingegangene Risiko führt immer wieder zu Pleiten von Fonds.
Globalisierungskritiker wie Attac weisen darauf hin, dass es trotz des Mega-Crashs von 2007 in den USA für solche Finanzgesellschaften immer noch keine Aufsicht oder Vorschriften gibt.
Beispiel Cerberus
Ein Beispiel aus Österreich: Der Eigentümer der Bawag ist der US-Hedgefonds "Cerberus". Wie es um diese Gesellschaft derzeit bestellt ist, weiß niemand. Sollte die Bawag eine Kapitalerhöhung benötigen, so hat die heimische Notenbank keine Ahnung, ob Cerberus dazu überhaupt in der Lage sein wird.
Anfang November 2011 wollen sich die Regierungschefs der größten 20 Länder (G20) mit dem Thema beschäftigen - sie werden über einen Bericht des nunmehrigen EZB-Chefs Draghi beraten. Ob Beschlüsse fallen, ist offen.
Und das im Jahr vier nach der "Subprime-Krise" in den USA.