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Schattenboxen um die Kosten

Von Walter Hämmerle

Politik

Experte beziffert Gesamtkosten der Libyen-Mission auf 2 Milliarden Dollar. | Anteil der Europäer bei 900 Millionen. | Washington/Tripolis/Wien. Rund 2 Milliarden US-Dollar: So viel wird der Nato-Einsatz in Libyen gegen Diktator Muammar Gaddafi nach Berechnungen von Heinz Gärtner, Experte für Sicherheitspolitik am Österreichischen Institut für Internationale Politik, bis Ende September kosten. Dabei sind die absoluten Kosten gar nicht das große Problem, ist Gärtner im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" überzeugt.


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Es ist deren Aufteilung zwischen Washington und den europäischen Verbündeten, die für zunehmende Irritationen sorgt - und die für Gärtner ihre Ursache in der wahlkampfschwangeren US-Innenpolitik haben.

Laut jüngsten offiziellen Angaben des Weißen Hauses werden sich die Ausgaben der USA bis Ende September auf 1,1 Milliarden US-Dollar belaufen; darin inbegriffen sind jedoch lediglich die direkten militärischen Kosten. Dass das Verteidigungsministerium kürzlich noch von 800 Millionen gesprochen hatte, könnte für Gärtner damit zu tun haben, dass die USA die Kosten nun bewusst hoch ansetzen, um die Europäer noch stärker unter Zugzwang zu setzen, einen größeren Anteil der Lasten des von der UNO legitimierten Einsatzes zum Schutz von Zivilisten zu schultern.

Derzeit, so Gärtner, berappen Frankreich und Großbritannien je 10 Millionen US-Dollar pro Woche für den Libyen-Einsatz - weitere 10 Millionen verteilen sich auf die übrigen europäischen und arabischen Mitwirkenden. Pro Monat kommt man so auf rund 120 Millionen; bis Ende September beliefe sich damit der Gesamtbeitrag der Europäer auf 800 bis 900 Millionen US-Dollar.

Relativ betrachtet sind sowohl die Gesamtkosten von 2 Milliarden als auch der US-Beitrag von 1,1 Milliarden US-Dollar kleine Fische, erläutert Gärtner. Derzeit belaufen sich die jährlichen Ausgaben der USA für Verteidigung sowie für die Militäreinsätze im Irak und in Afghanistan auf 700 Milliarden US-Dollar. In den USA wächst jedoch der Druck auf Präsident Barack Obama: Insbesondere die oppositionellen Republikaner, aber auch immer mehr Demokraten sind gegen den Libyen-Einsatz, detto anfangs das Verteidigungsministerium - aufgrund fehlender klarer strategischer Zielsetzungen. Stärkster Fürsprecher war das Außenministerium, dessen Beurteilung sich schließlich Obama anschloss - unter der Voraussetzung, dass die Europäer die Hauptlast tragen. Letzteres hat sich jedoch seit Beginn der Mission im März als Trugschluss herausgestellt. Die Europäer fliegen mittlerweile zwar zwei Drittel aller Flugeinsätze, doch bei Aufklärung und High-tech gehe nichts ohne die USA, so Gärtner.

Für den Experten war auch die jüngste Schelte des scheidenden US-Verteidigungsministers Robert Gates an die Adresse der Europäer innenpolitisch motiviert: Damit die USA, wie es die Republikaner fordern, sich aus Libyen zurückziehen können, müsste der Ausfall durch die Europäer kompensiert werden. Die Bereitschaft dazu ist in Rom, Paris oder London jedoch endenwollend. Zumal sich deren Hoffnungen auf ein rasches Ende des Gaddafi-Regimes als falsch herausgestellt haben.

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