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Die EU will zur Eindämmung der illegalen Migration und zur Verbrechensbekämpfung Visa und Aufenthaltstitel fälschungssicher gestalten. Über computertechnische Erfassung so genannter "biometrischer Daten" soll das gelingen. Das Verfahren des "Iris-" bzw. "Gesichtsfeld-Scans", über das seit längerem diskutiert wird, erscheint Experten allerdings als zu fehleranfällig, als dass es in nächster Zeit in Verwendung kommen könnte.
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Um etwa zu verhindern, dass Aufenthaltstitel gefälscht werden oder ein Asylwerber in mehreren Ländern der EU einen Asylantrag stellt, soll es in Zukunft zusätzlich zum althergebrachten Passfoto einen papierdünnen Mikrochip geben, auf dem spezifische körperliche Merkmale des Dokument-Inhabers gespeichert sind. So könnten etwa via Iris-Scan gewonnen Daten in ein Computer-Programm eingespielt und mit vorhandenem Material verglichen werden. Damit soll die Identität jedes Einreisenden zweifelsfrei klärbar sein. Dieses Verfahren wird fallweise bereits am Schiphol-Flughafen in Amsterdam, in Toronto, Vancouver und sechs anderen kanadischen Flughäfen angewandt.
Angst vor Missbrauch
Dass die Fälschungssicherheit von Reisedokumenten erhöht werden muss, darüber sind sich alle Regierungen in der EU einig. Ausständig ist allerdings noch ein fixes Datum, ab dem die Neuerungen in Kraft treten werden. EU-Bürger sind von diesen Maßnahmen jedenfalls nicht betroffen. Europäische Bürgerrechtsorganisationen melden allerdings seit längerem Bedenken gegen eine solche Vorgangsweise an: Missbrauch würde damit Tür und Tor geöffnet, so die Argumentation.
Gestern fand zu diesem Thema eine Anhörung des zuständigen EU-Kommissars Antonio Vitorino im EU-Parlament statt. Dabei standen auch Fragen zur technischen Umsetzbarkeit des neuen Verfahrens zur Debatte. Laut Hubert Pirker, Sicherheitssprecher der Europäischen Volkspartei, sind dabei mögliche technische Unzulänglichkeiten beim Iris-Scan oder "Gesichtsfeld-Screening" zur Sprache gekommen: Bei jüngst durchgeführten Versuchen habe sich die herkömmliche Fingerabdruck-Methode, wie sie sich in der Kriminalistik seit langem bewährt hat, als am zuverlässigsten herausgestellt.
Hohe Fehlerquote
Experten geben zu bedenken, dass die Computer-Dateien, in denen detaillierte Informationen über biometrische Eigenheiten hunderttausender Personen enthalten sind, einen derartigen Umfang erreichen, dass die Fehlerquote letztendlich zu hoch wäre: Wenn man die Verlässlichkeit des Systems etwa mit 99,9 Prozent veranschlagt und einkalkuliert, dass alleine den Londoner Flughafen Heathrow jährlich 60 Millionen Menschen passieren - davon ein Großteil Drittstaaten-Angehörige - dann ergibt das eine Fehlerkennung bei rund 60.000 Personen pro Jahr.
In China hat man diese Scan-Methode jedenfalls bereits aus einem ganz anderen Grund verworfen: Dort wurde der öffentliche Druck wegen möglicher gesundheitsschädlicher Auswirkungen des Verfahrens zu groß.
Gegen einen verpflichtenden "Iris-Scan" und für die Abnahme von Fingerabdrücken spricht laut Pirker eine weitere, polizeiliche Überlegung: "Wenn jemand ein Verbrechen begeht, hinterlässt er Fingerabdrücke und nicht die Struktur etwa seines Auges", so der Abgeordnete. Verteidiger des Iris- bzw. des Gesichtsfeld-Scans, sind allen Bedenken zum Trotz von der Zuverlässigkeit dieser Methode überzeugt: Das System habe seine Zuverlässigkeit bewiesen, heißt es.
Mehr zum Thema Biometrie unter: http://www.wienerzeitung.at unter "WZ Dossiers"