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Es ist eine Befürchtung, die man teilen kann. Vielmehr hat man aber die Befürchtung, dass die Sorge des Internationalen Olympischen Komitees bezüglich der Lage in der Ukraine den Konfliktparteien herzlich wurscht sein wird. Aber probieren kann man’s ja mal, dachten sich die Olympia-Granden und riefen die politischen Führer in der Krisenregion auf der IOC-Homepage zu einem Friedensgipfel auf. "Das IOC verfolgt die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen in der Ukraine mit größter Aufmerksamkeit und Sorge", erklärte IOC-Chef Thomas Bach, laut dem ein Notfall-Fonds in Höhe von knapp 220.000 Euro für die ukrainischen Athleten ins Leben gerufen wurde. Das ist sicher gut gemeint. Doch man darf bezweifeln, dass die größte Sorge der Menschen in der Ukraine das Training ihrer Spitzenathleten ist.
Und überhaupt: Wie war das mit dem Slogan "Don’t mix politics with sports", den man immer dann auspackt, wenn’s heikel wird? Wie war das, als die ersten russischen Einheiten auf der Krim einmarschierten, nur wenige Tage nachdem Wladimir Putin Seite an Seite mit Bach und Co. die Spiele in Sotschi feierte und kurz bevor die Paralympics an selber Stelle begannen? Wie lautete die Antwort des IOC auf die Anfrage des ukrainischen Komitees, das seine Athleten mit schwarzen Armschleifen in Gedenken an die Opfer der Straßenschlachten in Kiew an den Wettbewerben antreten lassen wollte? Richtig: "Don’t mix politics with sports." Dass das in der Praxis nicht geht, ist das eine.
Dass aber das IOC wieder einmal den Weltfriedensstifter spielen will, zeugt angesichts dieser Vorfälle nicht nur von Weltfremdheit, sondern auch von einer Scheinheiligkeit, die die Grenzen des Erträglichen schön langsam überschreitet.