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Betrugsbekämpfer Heller: "Ein Drittel der Schwarzarbeiter hätte die Chance auf reguläre Anstellung." | Selbständige Verspachtler arbeiten nicht selbständig. | "Wiener Zeitung": Was wird sich durch die Arbeitsmarktöffnung bei der Kontrolle durch die Kiab ändern?
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Herwig Heller: Mit dem 1. Mai wird sich für uns nicht viel ändern. Wir haben nach wie vor viele Bulgaren und Rumänen, die in das Ausländerbeschäftigungsgesetz fallen. Durch die zunehmende Visa-Freiheit am Balkan ist es für Arbeitskräfte leichter möglich, nach Österreich zu kommen und hier illegal zu arbeiten. Zum Lohn- und Sozialdumpinggesetz: Wir haben jetzt schon bei jeder Kontrolle die Beschäftigten gefragt, was sie bezahlt bekommen und von wem. Neu ist, dass wir bei Verdacht auf Lohn- und Sozialdumping dies an die Gebietskrankenkasse oder den zuständigen Sozialversicherungsträger melden.
In welchen Branchen gab es bisher illegale Arbeiter?
Die Finanzpolizei kontrolliert generell stark in Niedriglohnbranchen, gerade dort ist die Tendenz, die Bestimmungen des Gesetzes zu unterlaufen, hoch - sei es durch illegale Beschäftigung oder durch Unterschreitung von Kollektivverträgen. Es gibt auch jede Menge Scheinselbständigkeit, weil sich die Dienstgeber durch den Abschluss eines Werkvertrages die Sozialversicherungsbeiträge und die Lohnsteuer sparen. In der Großküche des Hotels ist dann zum Beispiel der selbständige Koch tätig, auf der Baustelle arbeitet der selbständige Verspachtler. Illegal Beschäftigte haben wir auch in Druckereien, Bäckereien oder Taxiunternehmen angetroffen.
Die Baufirmen argumentieren, der Spachtler arbeite legal für sie, da er dafür in Österreich den Gewerbeschein besitzt.
Wir haben schon Gewerbescheine gesehen zum Zubereiten von Speisen in geschlossenen Räumlichkeiten. Der war dann Koch. Ein noch dümmeres Beispiel ist der "Gewerbeschein zum selbständigen Tragen von schweren Lasten". Das war ein Bauschuttträger. Ob jemand Arbeitnehmer oder Selbständiger ist, kann ich nur daran beurteilen, ob er Gestaltungsmöglichkeiten hat. Wenn der Auftraggeber zum Verspachtler sagt, verspachteln Sie diese Wand, dann habe ich null Gestaltungsspielraum.
In welchen Branchen könnte die illegale Beschäftigung durch die Öffnung des Arbeitsmarktes tatsächlich zurückgehen?
Hoffentlich in allen. Ein Drittel (so viele illegale Beschäftigte kamen bisher aus den acht EU-Ländern, für die jetzt die Arbeitsmarktgrenzen fallen, Anm.) hätten jetzt die Chance, legal beschäftigt zu werden. Entscheidend ist, was tun jetzt die Unternehmer mit den Leuten, die bisher gar keine Chance gehabt haben, eine Arbeitsbewilligung in Österreich zu bekommen und die jetzt dank der Freizügigkeit automatisch berechtigt sind, im Binnenmarkt zu arbeiten? Die Taxifahrer jammern zum Beispiel, dass ihre Tätigkeit, die auch mit Nachtdiensten verbunden ist, häufig von geschiedenen Leuten wahrgenommen wird. Und die haben kein Interesse, Alimente zu zahlen. Das heißt, sie wollen sich gar nicht legal beschäftigen lassen.
Auch am Bau ist die Frage: Sind die Unternehmer gewillt, den Leuten das zu zahlen, was ihnen laut Kollektivvertrag zusteht? Es ist einfach zu sagen, ich vergebe das Ganze an einen Subunternehmer, und was der hintennach macht, weiß ich nicht, Hauptsache ich bekomme das billig. Die Scheinselbständigkeit bleibt uns erhalten.
Manche Unternehmen befürchten, dass sie den Kollektivlohn zahlen, der polnische Mitarbeiter zu Hause bei seiner Firma einen Teil des Betrages aber wieder abführen muss.
Von dem Fall habe ich noch nie gehört. Ich kenne solche Geschichten nur von russischen Sportlern, die das Geld vom Ausland an die Russen-Mafia abliefern mussten.
Nicht auszuschließen ist auch, dass eine polnische Firma den nach Österreich entsandten Arbeitnehmern die hier gültigen Löhne nicht zahlt. Wie kann dies von Wien aus kontrolliert werden?
Ich kann auch einer ausländischen Firma, die keine Betriebsstätte in Österreich hat, einen Rechtsakt mit finanziellen Folgen zustellen. Das gibt es im Steuerbereich ja auch. Man muss dann schauen, bis die Firma zahlt. Wenn dieses Unternehmen interessiert ist, hier in Österreich weiterhin tätig zu sein - etwa mittels Entsendung oder Arbeitskräfteüberlassung -, dann muss man sich auch an die entsprechenden Vorschriften halten.
Finanzpolizei
Die Betrugsbekämpfungsbehörde Kiab heißt seit
1. Jänner Finanzpolizei. Sie wurde von ursprünglich 90 auf 320 Personen aufgestockt - vor allem durch ehemalige Bundesheer-, Post- und Telekom-Mitarbeiter. Neben der Kontrolle von Schwarzarbeitern liegt seit 2003 der Fokus auf der Kontrolle von Steuerbetrug.
Ein Gesetz, das den Kassen, aber nicht dem Maurer nützt
+++ Dossier: Arbeitsmarktöffnung