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Was ist nur bei den US-Republikanern los? Das fragen sich Beobachter immer öfter. Die Suche nach dem geeigneten republikanischen Präsidentschaftskandidaten verhalte sich so, als würde man einen Fan des FC Barcelona bitten sich zu entscheiden, für welches Spiel der österreichischen Bundesliga er eine Eintrittskarte haben wolle, heißt es. Während der aber wohl tatsächlich Not gegen Elend abwägen müsste, ist es bei den Republikanern eher so, als würden sie vor der fließenden Quelle verdursten. Rein politisch gesehen ist für jeden Geschmack ein Kandidat dabei; vertreten sind sämtliche Schattierungen der republikanischen Wählerschaft.
An vorderster Front steht Mitt Romney: Er ist moderat-konservativ, moderat-wirtschaftsliberal und politisch erfahren. Das Argument, Romney sei langweilig, ist zwar legitim, doch das bringt nun einmal eine moderate Position mit sich.
Zieht es einen zu lauten, mitreißenden Politikern, so gibt es die Möglichkeit, Rick Perry zu unterstützen. Er ist der Typ Mann, mit dem man eine Kneipenschlägerei gewinnt. Sein Image: konservativ mit einem Herz für freie Märkte, dafür ein eher schlichtes Gemüt.
Newt Gingrich gilt im Gegensatz dazu als intellektuell und ist konservativ und liberal, solange es um die Wirtschaft geht. Er steht für Reaganomics und Flat-Tax. Der Vorwurf, für den schlecht beleumundeten Bankrotteur Freddie Mac gearbeitet zu haben, stimmt, ist aber durchaus kohärent, bedenkt man sein ökonomisches Credo.
Konservativismus ist bei Rick Santorum großgeschrieben, sowohl gesellschaftlich (gegen Abtreibung und gegen Homosexuelle) als auch wirtschaftlich (er ist gemeinsam mit Romney der Einzige, der sich gegen die bedingungslose Abschaffung der Kapitalertragssteuer ausspricht).
Ist Santorum der konservative Purist, so findet man sein libertäres Gegenstück in Ron Paul. Er will die US-Nationalbank ebenso abschaffen wie eine Vielzahl an Ministerien oder Drogenverbote.
Für jene, die es peinlich finden, wenn der mögliche künftige Präsident außenpolitisch wenig bewandert ist, Usbekistan nicht kennt oder nicht weiß, dass die USA im Iran keine Botschaft haben, gibt es Jon Huntsman. Der ist politisch ein wenig wie Romney, aber ein ausgewiesenes Ass in Außenpolitik.
Alles in allem genug Potenzial, aus dem man schöpfen kann. Das Problem kann darin liegen, dass die Republikaner gerne alle Eigenschaften in einer Person vereint sähen. Doch die berühmte Eier legende Wollmilchsau gibt es nicht. Es wäre zumindest eine zufriedenstellendere Erklärung als die Gängige: Keiner der Kandidaten hat das nötige Charisma.