Die Glasgower Klimakonferenz wird enttäuschen. Kein Grund, die Flinte ins Korn zu werfen.
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Es ist keine kleine Ironie, dass just am Vorabend zur 26. Weltklimakonferenz in Glasgow ausgerechnet Wladimir Putin Europas Spitzenpolitiker mit der Nachricht beglückte, den russischen Gashahn weit zu öffnen. Massiv steigende Heizkosten haben nicht nur zu Halloween noch immer einen höheren Schreckfaktor für Regierende aller Farben als der Klimawandel, obwohl dessen Folgen bereits zu spüren sind.
Man kann angesichts dieser reflexhaften Schreckhaftigkeit durchaus die Frage stellen, wie eine Politikergeneration die Herausforderung eines ökosozialen Umbaus der Produktions- und Konsumprozesse (was nicht mit dem Umbau einer Wirtschaftsordnung verwechselt werden muss) bewältigt, die auf schnelle Gratifikation oder die Verlagerung unliebsamer Entscheidungen auf den Sankt-Nimmerleins-Tag getrimmt ist. Sinnvoller wäre es dennoch, die Angst von Bürgern wie Politikern vor unbezahlbaren Heizkostenrechnungen ernst zu nehmen.
Tatsächlich besteht eine der größten Gefahren in den reichen demokratischen Gesellschaften in der Sorge, dass Klimaschutz auf Kosten des Wohlstands gehen könnte. In diesem Fall werden sich ganz schnell Mehrheiten dagegen mobilisieren lassen. Wen das nicht kümmert, sollte noch einmal den Begriff von Demokratie nachschlagen.
Umgekehrt geht in den Staaten des globalen Südens die Angst um, dass Klimaschutz die Menschen hindert, jemals ähnlich wohlhabend zu werden, wie dies der Norden jetzt schon ist. Länder wie Indien, China oder Indonesien wollen sich deshalb erst dann ernsthaft um den ökologischen Umbau kümmern.
Diese Strategie ist subjektiv mehr als verständlich, schließlich haben die Emissionen des Westens in den vergangenen hundert Jahren zur aktuellen Krise geführt, und trotzdem ohne Aussicht auf Erfolg. Anders als der Westen, wo der CO2-Ausstoß zu sinken beginnt, wird der Löwenanteil der Treibhausgase in den kommenden Jahrzehnten auf China und Indien entfallen. Und es sind die Menschen Asiens, die am stärksten von den Folgen des Klimawandels betroffen sein werden.
Die 26. Weltklimakonferenz wird dieses Dilemma nicht auflösen; auch die 27. und 28. eher nicht. Entscheidend ist, einen Einstieg in einen Mechanismus für den Interessenausgleich zu finden. Ideen dazu gibt es - und alle führen über eine CO2-Bepreisung für Produktion wie internationalen Handel inklusive Mittelumverteilung. Auch hier gilt: Der erste Schritt ist der schwierigste, der Rest dann nur noch Nachjustieren. Und die Überzeugung, dass mit den richtigen Anreizen der immerzu neugierige Mensch zu immer neuen Lösungen findet.