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Scheitern nicht ausgeschlossen

Von Martyna Czarnowska und Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Der luxemburgische Ministerpräsident und EU-Ratsvorsitzende Jean-Claude Juncker hat ein Scheitern der Reform des Stabilitätspaktes nicht ausgeschlossen. "Ich werde nicht zulassen, dass der Pakt ein banales Instrument ohne Auswirkung wird", erklärte er. Auch gestern konnten sich die Finanzminister der EU nicht auf eine Revision des Regelwerks einigen. Bei einer Sondersitzung am 20. März wollen sie weiter beraten.


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Jean-Claude Junckers Optimismus ist nicht unbegrenzt. "Ich sehe Chancen für einen revidierten Pakt, dies darf aber nicht nur um der Reform willen geschehen", erklärte der EU-Ratsvorsitzende gestern in Brüssel. Die Debatte um eine Reform des Wachstums- und Stabilitätspaktes soll am 20. März fortgesetzt werden, zwei Tage später wollen die Staats- und Regierungschefs bei einem Gipfel das Ergebnis beschließen.

Zu den umstrittensten Punkten gehört weiter eine Liste von Ausgaben, die bei der Bewertung eines Staatsdefizits berücksichtigt werden könnten. "Manche Länder wollen keine Liste, manchen ist die Liste zu lang und manchen zu kurz", fasste Juncker zusammen. "Was die Situation kurios macht ist, dass ich immer noch Vorschläge zur Ergänzung erhalte."

So beharrt Berlin etwa auf der Beachtung der deutschen Ausgaben für den EU-Haushalt und die Wiedervereinigung. Letzteres sieht Juncker als "schwieriges Unterfangen und für einige Staaten ein Problem". Zu den Ländern, die Schwierigkeiten damit haben, gehört Österreich. Und laut Finanzstaatssekretär Alfred Finz, der in Brüssel Finanzminister Karl-Heinz Grasser vertrat, sei "eine Einigung noch ferner geworden". Für die Liste von Ausgaben sei "schwer ein gemeinsamer Nenner zu finden". Grasser ist die Liste zu lang - "länger als klug und notwendig". Außer Streit stehe im Kern lediglich der Grundsatz, dass Ausgaben zur Steigerung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit der EU im Sinne des Lissabon-Prozesses berücksichtigt werden sollen, meinte Finz.

Österreich plädiert auch für eine strenge Anwendung des Stabilitätspaktes. Andere Staaten - wie Frankreich und Italien - hingegen wollen verhindern, dass die EU-Kommission bei der Prävention eines übermäßigen Defizits zu großen Einfluss auf die nationale Haushaltspolitik bekommt.

Nach den Vorschlägen Junckers soll der präventive Teil des Paktes gestärkt werden. Demnach soll die EU-Kommission auch Mitgliedstaaten verwarnen dürfen, die es in wirtschaftlich guten Zeiten verabsäumen, ihren Haushalt zu konsolidieren. Das mittelfristige Budgetziel soll zwischen ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und einem ausgeglichenem Budget liegen. Verantwortlichkeiten eines Staates für Pensions- und Gesundheitsreformen sollen aber berücksichtigt werden.

Die Grenzen für die Defizite bleiben unverändert. "Der Rat wird die Referenzwerte von 3 Prozent (Neuverschuldung) und 60 Prozent (Gesamtverschuldung) des BIP klar bewahren und aufrechterhalten als Eckpunkte der Überwachung", heißt es in Junckers Kompromisspapier.