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Scheitern vor Brüssels Toren "fatales Signal"

Von Martyna Czarnowska

Europaarchiv

Die Regierung in Bukarest bleibt optimistisch. Ab 1. Jänner 2007 werde Rumänien ein Mitglied der Europäischen Union sein - auch wenn es noch einige Skepsis in den EU-Staaten zu überwinden gilt. Eine Verschiebung des Beitritts wäre ein fatales Signal, warnt Außenminister Mihai-Razvan Ungureanu.


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Mihai-Razvan Ungureanu kennt die Einwände. Nicht nur einmal hat die EU Rumänien gemahnt, die Reformen im Justiz- und Verwaltungsbereich oder bei der Korruptionsbekämpfung voranzutreiben. Andernfalls droht eine Verschiebung des EU-Beitritts um ein Jahr. Kommende Woche stimmt das Europäische Parlament ab.

Der seit drei Monaten amtierende 36-jährige rumänische Außenminister Ungureanu zeigt sich optimistisch. "Die Zeichen der Skepsis sind auch Zeichen für Aufmerksamkeit", erklärt er gegenüber der "Wiener Zeitung". "Wir haben dem EU-Parlament die Ergebnisse unserer Arbeit in den letzten zwei Monaten präsentiert. Die Grünen etwa waren sehr angetan. Nun hoffen wir auf eine breite Mehrheit für Rumänien."

Die Regierung tue alles, um die Bedingungen für eine EU-Mitgliedschaft zu erfüllen. "Wenn wir es nicht schaffen, wird der politische Preis entsetzlich sein", sagt Ungureanu. "Das können wir uns nicht leisten. Denn wir repräsentieren die Hoffnung unserer Wähler und einer Nation. Wenn Bulgarien und Rumänien nicht beitreten, ginge das Vertrauen in den gesamten Erweiterungsprozess verloren." Dennoch will der Außenminister nicht über "Wunder" reden - es gebe nämlich noch viele Dinge zu tun, auf wirtschaftlichem, sozialem und institutionellem Gebiet.

Eines der Probleme, die Bukarest zu bewältigen hat, ist die Korruption. In ihrem letzten Jahresbericht setzte die Organisation Transparency International auf den 87. Platz, hinter Ländern wie Bosnien-Herzegowina oder Weißrussland. "Wir mussten anerkennen, dass es Korruption gibt - im Alltag und auf politischer Ebene", räumt Ungureanu ein - und verweist auf die Strategie zur Korruptionsbekämpfung. Diese war zunächst von politischen Einflüssen zu befreien. Gerichte mussten sich spezialisieren. Beamte sollen mehr Geld bekommen, um sie nicht zur Korruption zu verleiten. "Es zieht sich auch in andere Bereiche: Als wir die Einkommen- und Körperschaftssteuer auf 16 Prozent senkten, wollten wir auch die Bereitschaft heben, Steuern zu zahlen. Wir haben mehr als 10.000 Unternehmen die Konten gesperrt, weil sie keine Steuern gezahlt haben."

Eine Gefahr des Missbrauchs von EU-Fördergeldern sieht Ungureanu dennoch nicht. Grund zur Sorge sei vielmehr die mangelnde Kapazität zur Ausschöpfung der Mittel. Zwar sollen Rumänien und Bulgarien in drei Jahren nach ihrem Beitritt Subventionen in Höhe von 14 Milliarden Euro erhalten. Doch derzeit gebe es zu wenig Institutionen und notwendige Expertise, um die Mittel zu verwenden. "Wir haben Zugang zu viel Geld, können es aber nicht nutzen", erklärt Ungureanu. So werden etwa nur zwölf Prozent aus dem Förderprogramm SAPARD ausgeschöpft.

Mit einem Maßnahmenpaket will die Regierung auch die Armut bekämpfen. "Wir wollen die Pensionen und die Einkommen bestimmter Gruppen heben", erläutert der Außenminister. Das wird einiges kosten. Denn noch immer leben geschätzte 30 Prozent von rund 22 Millionen Menschen in Rumänien unter der Armutsgrenze.