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Scheitern wird in Nordrhein-Westfalen zur Chance

Von Georg Friesenbichler

Politik

Neuwahlen könnten Rot-Grün stabile Mehrheit bescheren.


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Düsseldorf. Das bevölkerungsreichste Bundesland Deutschlands steht überraschend vor Neuwahlen. In Nordrhein-Westfalen scheiterte die rot-grüne Minderheitsregierung unter Ministerpräsidentin Hannelore Kraft an ihrem Haushaltsentwurf, den die drei Oppositionsparteien CDU, FDP und Linke geschlossen ablehnten. Kraft hatte schon davor angekündigt, bei einer Ablehnung Neuwahlen anzustreben, weil sonst die Regierung handlungsunfähig sei. Auch CDU und FDP votierten für Neuwahlen, die nun binnen 60 Tagen anberaumt werden müssen.

Ursprünglich hatte die Regierung, der im Landtag eine Stimme auf die absolute Mehrheit fehlte, darauf gesetzt, bis zu einer dritten Lesung des Haushalts Ende März Zeit zu haben, um sich entweder mit der FDP oder der Linkspartei noch zu einigen. Die Ablehnung kam aber schon in der zweiten Lesung, weil die FDP einen härteren Sparkurs, die Linkspartei hingegen mehr als eine Milliarde Euro an zusätzlichen Sozialausgaben forderte.

FDP raus, Piraten rein?

Gerade diesen beiden Parteien könnten die Neuwahlen allerdings am stärksten schaden. Laut einer im Auftrag des "Kölner Stadt-Anzeigers" und des TV-Senders Sat 1/NRW erstellten repräsentativen Umfrage würden die Liberalen mit 2 Prozent nicht mehr in den Landtag kommen, und auch Die Linke müsste demnach mit 5 Prozent um ihren Wiedereinzug zittern. Der Piratenpartei sagt die Umfrage hingegen 7 Prozent voraus.

Der große Gewinner der Wahl wäre laut dieser Umfrage ausgerechnet die Regierung, die gerade gestürzt wurde. Denn während mit nur 33 Prozent die SPD zwar weiter Stimmen verlieren würde, könnten sich die Grünen auf 17 Prozent verbessern - einer Neuauflage des rot-grünen Bündnisses, diesmal mit einer stabilen Mehrheit, stünde damit nichts im Wege. Schon von 1995, als Johannes Rau die SPD-Absolute verlor, bis 2005 wurde das Land von dieser Regierungskonstellation geführt. Die CDU käme bei der Wahl auf ebenso viele Stimmanteile wie die Sozialdemokraten - wie schon vor zwei Jahren, als die Konservativen mit nur 6000 Stimmen vor der SPD lagen (34,56 und 34,48 Prozent) und die gleiche Anzahl von Mandanten aufwiesen.

Röttgen tritt für CDU an

Damals hatte der bis dahin regierende Ministerpräsident Jürgen Rüttgers keine Regierungsbildung geschafft, weil er zusammen mit der FDP zu schwach war. Diesmal will sich der deutsche Umweltminister Norbert Röttgen für die CDU, deren Landesvorsitzender er ist, in die Schlacht werfen. Auf eine Journalistenfrage, ob er zur Spitzenkandidatur bereit sein, antwortete Röttgen am Mittwoch in Düsseldorf mit "Ja". SPD und Grüne forderten Röttgen auf, sich zwischen Landespolitik und Ministeramt zu entscheiden.