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Schelte für Ahmadinejad

Von WZ-Korrespondent Arian Faal

Politik

Machtkampf im Vorfeld der Wahlen. | Teheran/Paris. Im Iran hat die religiöse Elite die Eskapaden des Präsidenten Mahmud Ahmadinejad satt. Es gab immer Machtkämpfe innerhalb des Establishments. Doch ein Schlagabtausch wurde stets mit persischer Höflichkeit ausgetragen. So wurden die politischen Gegner selten namentlich genannt, wenn beim Freitagsgebet Seitenhiebe ausgeteilt wurden.


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In der Ära Ahmadinejad sind die Umgangsformen scheinbar rauer geworden. "Der Ton im politischen Alltag ist ein anderer geworden", resümiert ein Abgeordneter gegenüber der "Wiener Zeitung". Der Staatschef und seine meist aus den Reihen der Basij-Milizen stammenden engsten Vertrauten scheren sich nicht um herkömmliche Regeln. Sie holen aus und schlagen manchmal unter die Gürtellinie. "Alle, die das Warten auf den verborgenen zwölften Imam Mehdi für Aberglauben halten, haben weniger Verstand als eine junge Ziege", meinte der Präsident etwa kürzlich während einer Reise in der Provinz Khorasan. Zuvor hatten einige Rechtsgelehrte den volkstümlichen Messianismus als Aberglauben bezeichnet.

Ahmadinejad nennt Gegner "Verräter"

Aus dem iranischen Osten nach Teheran zurückgekehrt, nahm Ahmadinejad seinen ärgsten Rivalen, Ali Akbar Rafsanjani, ins Visier. "Einige einflussreiche Leute haben den Richter, der die Akte eines Atomspions bearbeitet hat, unter Druck gesetzt, ihn freizusprechen", so sein Seitenhieb auf den mächtigen Expräsidenten.

Mit dem "Spion" meinte der Präsident das frühere Mitglied der Atomverhandlungsdelegation Hossein Musawian. Der war vom Geheimdienst verhaftet worden. Ihm wurde vorgeworfen, er habe Geheimnisse der nuklearen Aktivitäten Irans an die Briten weitergegeben. Doch nach einer Woche kam der Parteigänger Rafsanjanis gegen eine hohe Kaution auf freien Fuß. Für den Präsidenten war das die Gelegenheit, um wieder einmal Rafsanjani anzugreifen. "Wenn einheimische Elemente versuchen, die Atompolitik zu sabotieren, werden wir ihre Namen dem Volk preisgeben", empörte sich der Präsident, denn diese seien "Verräter". Dass mit den Verrätern Rafsanjani und seine Gefolgschaft gemeint waren, wusste jeder.

Rafsanjani schaltet die Medien ein

Rafsanjani, der wie kein anderer Imam Khomeini nahe stand, als Verräter zu beschimpfen, war ein starkes Stück. Der Gegenschlag ließ nicht lange auf sich warten: Rafsanjani schaltete einige Printmedien in den Konflikt ein. So warf die erzkonservative Zeitung "Jomhourie Eslami" Ahmadinejad letzte Woche vor, sein Benehmen (im Hinblick auf die Vorwürfe gegen Rafsanjani) sei schädlich für den Gottesstaat.

Solche Kritik ist besonders verwunderlich, weil die Zeitung dem Obersten Führer, Ayatollah Ali Khamenei, nahe steht, der den Präsidenten bisher protegiert hatte. "Wer ohne Beweis solche Anschuldigungen erhebt, muss vor Gericht erscheinen und bestraft werden." Ferner schrieb das Blatt, die Aussagen des Präsidenten seien "unmoralisch, unlogisch und verwerflich." Der Staatschef, so die Zeitung, wolle seinen Rivalen im Vorfeld der Parlamentswahlen demontieren.

Der Frontalangriff gegen den Präsidenten ist für eine persische Zeitung einmalig. Das Blatt könnte Grünes Licht von ganz oben bekommen haben. Schließlich war Revolutionsführer Ayatollah Khamenei in den Achtzigerjahren selbst Herausgeber der "Jomhourie Eslami" und pflegt sich stets auf Umwegen zu tagespolitischen Ereignissen zu äußern.

Im Hinblick auf das Damoklesschwert des Krieges oder der Sanktionen, das über dem Iran schwebt, geht es bei den kommenden Parlamentswahlen um eine Richtungsweisung, nämlich um die Frage, welcher der beiden Flügel im Iran die Oberhand bekommt. Derzeit zweifelt niemand daran, dass Rafsanjani alles daran setzen wird, die sechs oppositionellen Gruppen unter dem Motto "alle gegen Ahmadinejad" zu vereinen. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht.

Zur PersonAli Akbar Hashemi Rafsanjani ist so etwas wie Irans Kardinal Richelieu. Der am 25. August 1934 als Sohn eines Großgrundbesitzers von Pistazienplantagen in Rafsanjani geborene Politiker war ein Schüler von Ayatollah Khomeini. Er war maßgeblich am Sturz des Schah-Regimes beteiligt. Vom Ölministerium bis zu den finanzkräftigen Konzernen des Landes findet man Verbündete, wenn nicht gar Verwandte des 73-Jährigen.

Er war Mitglied des Revolutionsrates 1979-80, dann Parlamentspräsident 1980-89 und schließlich Oberbefehlshaber der Streitkräfte 1988-89. 1989 wurde er zum Staatspräsidenten gewählt und 1993 in seinem Amt bestätigt. 1997 wurde er Vorsitzender des "Rates zur Wahrung der Interessen des Systems" und ist derzeit Vorsitzender des Gelehrtenrates, jenes Ausschusses aus 86 Mullahs, der den Obersten Führer Ali Khamenei kontrolliert und wählt.