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Bericht über Schwächen beim Grenzschutz. | Brüssel. Noch vor Weihnachten sollen die Grenzen zu den meisten neuen EU-Staaten fallen. Bis dahin dürfte der Aufbau eines adäquaten Schutzes der Außengrenzen noch einmal die ganze Anstrengung der künftigen Mitglieder des grenzenlosen Schengen-Raums beanspruchen.
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Zwar ist die Grenzöffnung zumindest gegenüber acht Ländern informell bereits beschlossene Sache. Dennoch seien bisher bei fast allen Kandidaten Mängel beim Grenzschutz oder der Visavergabe festgestellt worden, berichtet die "Financial Times Deutschland" unter Berufung auf einen internen Evaluierungsbericht. So müssten etwa in Polen der Grenzschutz und der Zoll noch besser zusammenarbeiten und ein Radarsystem an der Küste fertig gestellt werden. In Estland gebe es zu wenige Grenzschützer und in Tschechien fehle noch eine zentrale Anlaufstelle für die grenzüberschreitende Überwachung oder Verfolgung von Verdächtigen. Am schlechtesten schneidet Malta ab: In der zweiten Oktoberhälfte muss die Überwachung der See- und Luftgrenzen durch die maltesischen Behörden erneut bewertet werden, um den Inselstaat gegebenenfalls für schengenreif erklären zu können.
Experten bestätigen, dass die Grenzöffnung gegenüber Malta noch in der Schwebe sei, sehen dadurch aber das Gesamtprojekt keineswegs gefährdet. Die Schengenerweiterung könne zur Not auch ohne Malta erfolgen. An Bord müssten lediglich alle neuen Mitgliedsländer am Festland sein: Slowenien, Ungarn, Slowakei, Tschechien, Polen und die drei baltischen Staaten. Fiele einer aus, würde das Projekt durch bisher nicht geplante - und daher nicht entsprechend ausgebaute - neue Schengen-Außengrenzen kippen.
Tatsächlich sei das Niveau des Grenzschutzes in den neuen Schengenländern noch unterschiedlich ausgeprägt. Bei sämtlichen acht Kandidaten handle es sich aber um Schwierigkeiten unterhalb der Gefahrenschwelle, hieß es. Das werde auch in dem zitierten Evalierungsbericht deutlich gemacht: So finde etwa in Estland derzeit eine Umstrukturierung des Grenzschutzes statt. Negative Auswirkungen auf dessen Funktionstüchtigkeit würden dadurch aber nicht erwartet. Nicht verhehlen wollen Experten, dass es Anlaufschwierigkeiten geben werde. Vor allem der Umgang der nationalen Behörden mit der neuen Rechtslage und dem neuen Computersystem brauche üblicherweise eine gewisse Eingewöhnungszeit.
Nach der Ausweitung der gegenwärtig 15 Länder umfassenden Schengenzone ("alte" EU-Staaten außer Großbritannien, Irland plus Norwegen und Island) um neun weitere stößt das gegenwärtige Schengen-Informationssystem (SIS) an seine Kapazitätsgrenzen. Im November 2008 kann noch die Schweiz inklusive Liechtenstein beitreten.
Im Hintergrund arbeitet die EU-Kommission fieberhaft an der Fertigstellung von SIS II, das unlimitierte Teilnehmerzahl, schnellere Datensuche auch nach biometrischen Merkmalen wie Fingerabdrücken und eine stabilere Software verspricht. Geplanter Fertigstellungstermin ist der 17. Dezember 2008.