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Schicksalsdrama Gorbatschow

Von Hellmut Butterweck

Wissen

Auch wenn man Michail Gorbatschow ein wenig von seinem Nimbus wegnimmt, auch seine Fehler nicht verschweigt, wie es György Dalos in seiner Biographie tut, bleibt genug Positives. Er steht, weil menschlicher, sogar um so größer da. Ja, er zauderte zu oft, hätte öfter durchgreifen müssen. Vor allem hätte er Boris Jelzin in die Wüste schicken müssen, als er dessen Charakter durchschaut hatte.


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György Dalos ist ein seriöser Faktensammler, kein großer Geschichtserzähler. Der Großteil seines Materials war bekannt. Doch die Zusammenschau lässt die Unausweichlichkeit des historischen Ablaufs erkennen. Die Sowjetunion war nicht mehr zu retten, als Gorbatschow die "Macht" übernahm, die ohnehin nie ungeteilt war. Sie war verloren, weil sie wirtschaftlich am Ende war. Weil die Militärausgaben Jahrzehnte den Vorrang vor Wohlstand gehabt hatten. Weil ihre auf Befehlsempfang und nicht auf Initiative gedrillten Funktionärskader nicht reformfähig waren.

Zerfall unausweichlich

Gorbatschow konnte die Satellitenstaaten nur fallen lassen, was man ihm bis heute vorwirft - er hatte kein Geld mehr. Im eigenen Land waren die Regale leer. Er musste auch die DDR den Westdeutschen nachwerfen, weil er auf die Fürsprache von Helmut Kohl für einen Kredit angewiesen war, mit dem er wieder nur kurz über die Runden kam. Der Zerfall in Einzelstaaten war ebenfalls unausweichlich.

Beeindruckend, wie er trotzdem menschlich und seiner Scheu vor jeglichem Blutvergießen treu blieb. Keinem Shakespeare wäre ein stärkeres Ende eingefallen. Zar Boris, der eine traumatisierte Raissa auf die Straße setzen lässt und sich höchstselbst in den Kreml begibt, um Gorbatschow aus seinen Räumen zu werfen: ein bühnenreifer Schurke! Der einst zweitmächtigste Mann der Welt musste in ein Hotel gehen, um seine Abschieds-Pressekonferenz abzuhalten. Auf eigene Kosten.

Sachbuch Gorbatschow - Mensch und Macht

Von György Dalos

C.H. Beck Verlag, 288 Seiten, 20,60 Euro