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Nach dem Brexit-Annus-Horribilis 2016 wird 2017 ein weiteres Schicksalsjahr für Europa werden. In Deutschland und Frankreich, den beiden wichtigsten EU-Ländern, wird gewählt. Deutschland kürt im Herbst 2017 einen neuen Bundestag, Frankreich im April und Mai in voraussichtlich zwei Wahlgängen einen neuen Präsidenten. Am Wochenende sind zwei wichtige Vorentscheidungen gefallen, beide waren Entscheidungen gegen den Populismus, wohl nicht zuletzt durch den Trump-Schock mitverursacht. So schied der zappelige Nicholas Sarkozy, der schon während seiner Amtszeit als Präsident von 2007 bis 2012 stets auf markige Sprüche und plakativen Aktionismus gesetzt hatte, aus dem Rennen. Stattdessen ging der 62-jährige Außenseiter François Fillon bei der Vorwahl im französischen bürgerlich-konservativen Lager mit 44,1 Prozent der Stimmen als Sieger hervor und ließ den bisherigen Favoriten Alain Juppé mit 28,6 Prozent hinter sich. Ex-Präsident Sarkozy erreichte nur 20 Prozent. Fillon will zwar - wie Sarkozy - mit einer streng rechten Haltung, Islamkritik und einem wirtschaftsliberalen Programm à la Margaret Thatcher punkten, trat in der Vergangenheit aber immer staatsmännisch und besonnen auf. Kommenden Sonntag gehen die Vorwahlen in die nächste Runde. Dann wird man wissen, ob Fillon oder doch Juppé am 23. April 2017 bei der Präsidentenwahl antreten wird - und am 7. Mai 2017 dann wohl in der Stichwahl der rechtsdemagogischen Kandidatin Marine LePen gegenüberstehen wird.
Die Ankündigung von Angela Merkel, ein viertes Mal als Kanzlerkandidatin anzutreten, ist die zweite Schlüsselentscheidung des Wochenendes. Merkels Botschaft: Ihre ruhige Hand soll den deutschen Dampfer durch die raue, stürmische See lenken. Merkel will die EU zusammenhalten und sich im eigenen Land einem Aufstieg der rechtsdemagogischen AfD entgegenstemmen. Die Wahl ist für Europa von zentraler Bedeutung: Merkel ist das einzige glaubwürdige politische Schwergewicht in Europa. Polens Regierung darf als politisch unzurechnungsfähig beurteilt werden. Theresa May und François Hollande kann man abschreiben, Spaniens Premier Mariano Rajoy hat kein ausreichendes Mandat, in Italien muss Matteo Renzi am 4. Dezember ein Verfassungsreferendum überleben. Was immer 2017 in Paris oder Berlin passiert, hat Bedeutung für Prag und Brüssel, für Amsterdam und Wien.